EuG-Urteil vom 9.7.2025, T‑1170/23
Sachverhalt:
Streitgegenstand war eine dreidimensionale Unionsmarke, die einen farbigen 2×2-Würfel zeigt (eine Variante des bekannten Rubik’s Cube):
Die Marke wurde für Waren in Klasse 28 (iwS Spielwaren) sowie für Dienstleistungen in Klasse 35 und 41 eingetragen.
Verdes Innovations SA, ein griechisches Unternehmen, hatte beim EUIPO die Nichtigerklärung der Marke wegen absoluten Schutzhindernissen beantragt. Konkret wurde geltend gemacht, dass die Marke ausschließlich aus einer Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sei.
Die Löschungsabteilung des EUIPO gab dem Antrag hinsichtlich der Waren der Klasse 28 statt. Die Beschwerdekammer bestätigte diese Entscheidung. Spin Master Toys UK Ltd, Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Markeninhaberin, erhob daraufhin Klage beim EuG.
Entscheidung:
Das EuG wies die Klage vollumfänglich ab. Marken, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, sind nicht schutzfähig.
Das Gericht bestätigte die Einschätzung der Vorinstanzen, wonach die wesentlichen Merkmale der angegriffenen Marke folgende sind:
- Die Würfelform
- Das Gittermuster auf jeder Seite (2×2 Einteilung)
- Die farbliche Unterscheidung der Flächen durch sechs Grundfarben (Rot, Grün, Blau, Orange, Gelb, Weiß)
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei nicht die konkrete Farbanordnung markenprägend, sondern allein die Tatsache, dass die Farben verschieden sind und dadurch ein Kontrast entsteht. Diese Kontrastwirkung ermögliche die Funktion des Puzzles.
Das EuG stellte fest, dass alle drei identifizierten Merkmale (Form, Gitterstruktur und Farbkontrast) technisch bedingt sind und zur Funktionsweise des Puzzles beitragen. Die farbliche Differenzierung sei erforderlich, um die einzelnen Seiten des Würfels bei der Lösung korrekt identifizieren zu können. Es sei dabei unbeachtlich, dass andere Gestaltungen (zB Symbole, Zahlen) denkbar wären. Entscheidend sei, dass die konkrete Gestaltung im Ergebnis ausschließlich funktional sei.
Das Argument der Klägerin, die Farben seien „ästhetisch“ und „kreativ“ gewählt, wies das Gericht zurück: Selbst wenn die Wahl einzelner Farben nicht zwingend sei, ändere dies nichts daran, dass deren Funktion in der Differenzierung liegt und damit technischer Natur ist.
Auch das Vorbringen, die Farben seien nicht Bestandteil der „Form“ im Sinne des Markenrechts, blieb erfolglos. Bei dreidimensionalen Marken müsse die Form im Kontext des Gesamteindrucks gesehen werden; hier sei die farbliche Gestaltung integraler Bestandteil der Form, nicht lediglich Oberflächendekoration.
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