OGH-Entscheidung vom 17.12.2013, 4 Ob 176/13f

Sachverhalt:

Das Schloss Schönbrunn sowie die dazugehörenden Gebäude und Grundflächen stehen im Eigentum der Republik Österreich. Im Jahr 1992 wurden Erhaltung, Verwaltung und Betrieb vertraglich der hier klagenden Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter die Republik Österreich ist, übertragen. Dabei räumte sie der Klägerin auch ein Fruchtgenussrecht an der Schlossliegenschaft ein. Die Klägerin wandte seither hohe Beträge für die Erhaltung des Schlosses und die Besucherwerbung  auf.

Die Beklagte bietet eine Kreditkarte an und wirbt in einem Newsletter regelmäßig für „exklusive Dienstleistungen“ ihrer Vertragspartner. Dabei verwendet sie insbesondere den Slogan „Es lebe der feine Unterschied“. Im Oktober 2012 zeigte sie in diesem Zusammenhang ein Bild des Schlosses Schönbrunn, im November 2012 ein Bild der Gloriette.

Die Klägerin beantragte daraufhin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach es der Beklagten mit einstweiliger Verfügung untersagt werden solle, Fotografien und Darstellungen der von der Klägerin betriebenen Kulturgüter für Werbezwecke der Beklagten, insbesondere in deren Newsletter und zur Untermauerung von deren Werbeslogans, wie etwa „Es lebe der feine Unterschied“, zu nutzen.

Die Klägerin stützte sich in Ihrem EV-Antrag bzw ihrer Klage auf eine „sittenwidrige“ Rufausbeutung iSd § 1 UWGSchönbrunn genieße internationales Ansehen und stehe für besondere Exklusivität. Die Beklagte ziele mit ihrer Werbung darauf ab, dass besondere Gütevorstellungen auf die eigenen Produkte und Dienstleistungen übertragen würden. Die Klägerin habe sich mit erheblichen Kosten und Mühen einen international anerkannten Ruf für hochqualifizierte Dienstleistungen erworben. An „diesen“ guten Ruf der Klägerin hänge sich die Beklagte an und beute ihn aus. Zwischen den Streitteilen bestehe ein Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis.

Entscheidung:

Erst- und Rekursgericht wiesen den Sicherungsantrag ab. Für den Ruf des Schlosses und der Gloriette seien nicht die Aktivitäten der Klägerin bestimmend. Träger des guten Rufs sei daher die Eigentümerin (Republik Österreich). Die Klägerin stütze ihr Begehren nicht darauf, dass sich die Beklagte an ihren guten Ruf in Bezug auf die von ihre Aktivitäten (Renovierungs- und Erhaltungsarbeiten, kulturelle Veranstaltungen) anhänge. Aus diesem Grund könne sie aus dem Umstand, dass sie in den vergangenen Jahren namhafte Beträge in die Renovierung investiert habe, nichts gewinnen.

Der OGH lies den Revisionsrekurs zu, weil die Rechtslage einer Klarstellung bedurfte, jedoch bekam die Klägerin auch in dritter Instanz nicht Recht.

Aus der Begründung:

Die Klägerin wendet sich gegen die Nutzung von Abbildungen der von ihr verwalteten Gebäude. Sie kann dagegen weder auf sachenrechtlicher noch auf urheber- oder kennzeichenrechtlicher Grundlage vorgehen: Das Eigentum gibt kein Recht auf ausschließliche – auch kommerzielle – Nutzung von Ab- oder Nachbildungen der Sache, umso weniger daher ein Fruchtgenuss. Daran scheitert auch ein Anspruch nach § 1041 ABGB (Verwendungsanpruch). Urheberrechtliche Ansprüche sind auch bei noch nicht abgelaufener Schutzdauer – was etwa bei farblicher oder baulicher Umgestaltung einzelner Gebäudeteile denkbar wäre – wegen der freien Werknutzung nach § 54 Abs 1 Z 5 UrhG ausgeschlossen. Kennzeichenrechtlichen Schutz behauptet die Klägerin nicht. Daher bleibt ihr tatsächlich nur der Rückgriff auf die lauterkeitsrechtliche Generalklausel des § 1 Abs 1 Z 1 UWG.

Die Klägerin stützt sich in diesem Zusammenhang auf die Ausbeutung der Wertschätzung, den das von ihr verwaltete Schloss Schönbrunn in der Öffentlichkeit genieße. Nur die Klägerin, nicht aber die Republik Österreich wird bei Erhaltung und Betrieb des Schlosses Schönbrunn unternehmerisch tätig. Ein lauterkeitsrechtlich relevanter Ruf könnte daher – wenn überhaupt – nur ihr zuzurechnen sein. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin besteht im konkreten Fall dennoch nicht.

Lauterkeitsrechtlicher Schutz gegen Rufausbeutung wird gewährt, wenn sich der Verletzer an Ruf und Ansehen einer fremden Ware (Leistung) anhängt und diese für den Absatz seiner Ware auszunutzen versucht. Zur objektiven Rufausbeutung muss dabei etwas Anstößiges hinzutreten, Anhaltspunkte dafür bilden etwa die Verwendung identischer Zeichen und die – meist naheliegende, wenn nicht konkret widerlegte – Zielrichtung, am fremden Ruf zu schmarotzen.

Voraussetzung für den Schutz ist jedoch, dass der Verkehr den angeblich ausgenutzten Ruf einem bestimmten Unternehmen zuordnet. Das trifft zwar (mittelbar) auch dann zu, wenn sich die Wertschätzung auf Waren, Dienstleistungen oder Unternehmenskennzeichen bezieht, die der Verkehr mit einem bestimmten – wenngleich nicht unbedingt namentlich bekannten – Unternehmen in Verbindung bringt. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn weder haben die strittigen Abbildungen eine auf ein Unternehmen hinweisende Kennzeichnungsfunktion, noch verstehen die angesprochenen Kreise die abgebildeten Gebäude als Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens.

Vielmehr bezieht sich die Wertschätzung der Öffentlichkeit auf die Bauwerke als solche, die (trotz ihrer kommerziellen Nutzung durch die Beklagte) nicht als Wirtschaftsgüter, sondern als historische Monumente verstanden werden. Diese Wertschätzung ist, abgesehen von der architektonischen Bedeutung, vor allem auf die historischen Assoziationen zurückzuführen, die die Bauwerke hervorrufen. Die Klägerin macht sich diese Wertschätzung zwar zunutze, indem sie daraus Erträge erwirtschaftet; es ist aber dennoch keine Wertschätzung die, wenn auch nur mittelbar, ihrem Unternehmen entgegengebracht würde. Die Beklagte hängt sich daher nicht an einen vom Verkehr (auf welche Weise immer) der Klägerin zugeordneten Ruf an, sondern letztlich an die österreichische Geschichte und die dadurch hervorgerufenen – hier offenbar positiven – Emotionen. Diese Geschichte genießt aber, wie schon das Erstgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat, keinen lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutz.

An diesem Ergebnis kann auch der Umstand nichts ändern, dass die Klägerin seit 1992 hohe Beträge in die Erhaltung des Schlosses und die Werbung investiert hat. Das könnte allenfalls dann relevant sein, wenn der von der Beklagten genutzte Werbewert des Schlosses allein oder doch überwiegend auf diese Investitionen zurückzuführen wäre. Dies ist im konkreten Fall nicht zu erkennen.