Entscheidung des OLG Wien vom 12.11.2013, 28 R 369/13k

Sachverhalt:

In einem Konkursverfahren wurden der Schuldnerin zwei Beschlüsse zugestellt. 14 Tage nach Hinterlegung der Beschlüsse zur Abholung bei der Post, langte im persönlichen Empfänger-Postfach (E-Mail-Box) der Erstrichterin eine E-Mail ein, die Rekurse der Schuldnerin gegen diese beiden Beschlüsse zum Inhalt hatten. Die E-Mail war weder elektronisch signiert, noch hatte sie einen die Unterschrift der Geschäftsführerin tragenden (pdf-)Anhang. Die Erstrichterin wies die Rekurse wegen Verspätung zurück. Gegen diese Entscheidung erhob die Schuldnerin erneut Rekurs an das OLG Wien.

Entscheidung:

Das OLG Wien hielt zwar fest, dass die gedachten Rechtsmittel fristgerecht eingebracht wurden, der nunmehrige Rekurs jedoch aus folgenden Gründen nicht berechtigt ist:

Nach § 74 ZPO erfolgen außerhalb der mündlichen Verhandlung vorzubringende Anträge, Gesuche oder Mitteilungen, soweit das Gesetz nicht ein Anbringen zu Protokoll gestattet, mittels Schriftsätzen. Rekurse können nicht zu Protokoll gegeben werden, sie sind nach § 520 Abs 1 ZPO durch Überreichung eines Schriftsatzes bei dem Gericht zu erheben, dessen Beschluss angefochten wird.

Nach § 89 Abs 3 GOG können schriftliche Eingaben an das Gericht auch im telegrafischen Weg erfolgen, insbesondere kann die Erhebung der Berufung, der Revision oder des Rekurses telegrafisch geschehen. Sie können nach herrschender RSp in analoger Anwendung des § 89 Abs 3 GOG – wenn fristgebunden auch fristwahrend – mittels Telefax eingebracht werden, wobei das Telefax durch Nachbringung der Unterschrift verbessert werden muss. Im Fehlen der Unterschrift liegt ein Formgebrechen, das durch Verbesserung zu beseitigen ist.

Eingaben können auch, soweit dies durch die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr vorgesehen ist, statt mittels eines Schriftstücks elektronisch angebracht werden (§ 89a GOG), doch sind Fax und E-Mail keine zulässigen Formen des elektronischen Rechtsverkehrs iSd ERV 2006 (§ 5 Abs 1a ERV). Gemäß § 89a Abs 1 GOG kann damit grundsätzlich jedermann nach Maßgabe des § 89b GOG bei Gerichten und Staatsanwaltschaften Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr anbringen, doch nur auf dem von der ERV 2006 vorgezeichneten Weg.

Mit Jahresbeginn 2013 wurde die Möglichkeit geschaffen, Eingaben und Beilagen an Gerichte und Staatsanwaltschaften in elektronischer Form unter Verwendung der Bürgerkartenfunktion (Chipkarte oder Handysignatur) mit den auf der Website „Elektronische Eingaben an Gerichte und Staatsanwaltschaften“ zur Verfügung stehenden Online-Formularen zu übermitteln. Auf diesem Weg kann jeder Text, damit auch ein Rekurs wie im E-Mail der Schuldnerin, an das Erstgericht zu dessen Aktenzeichen übermittelt werden; diesfalls erhält der Absender eine Eingangsbestätigung des Adressatgerichtes, worin der Einbringungszeitpunkt, eine Sendungs-ID und der Absender aufscheint. Diesen jedermann zugänglichen Weg der elektronischen Eingabe (www.eingaben.justiz.gv.at) hat die Schuldnerin nicht gewählt.

Daraus folgt: Die Einbringung eines Rekurses mit einer E-Mail an die Dienstmailadresse einer Richterin bzw eines/einer Gerichtsbediensteten („vorname.nachname@justiz.gv.at“) ist grundsätzlich nicht zulässig.