OGH-Entscheidung vom 22.10.2013, 4 Ob 59/13z

Sachverhalt:

Die Beklagte betreibt eine Plattform für Tourismus-Destinationen und Unterkunftgeber im Internet unter der Domain www.schladming.com. Auf der Plattform können Unterkünfte präsentiert werden. Bei erfolgreichen Buchungen erhält die Beklagte eine Buchungsprovision. Die Domain schladming.com wurde von der Beklagten im Jahr 1997 bei der Registrierungsstelle ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) mit Sitz in New York registriert.

Die Stadtgemeinde Schladming ist wiederum Inhaberin der Domain www.schladming.at.
Die Stadtgemeinde Schladming erhob bereits 2009 vor dem WIPO Arbitration and Mediation Center Klage gegen die Beklagte; mit Entscheidung vom 14. 1. 2010 wurde diese abgewiesen. Nach der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) ist eine Übertragung der strittigen Domain während eines behängenden Verfahrens und noch 15 Tage nach Abschluss desselben ebenso ein Wechsel der Registrierungsstelle verboten. Die Registrierungsstelle ICANN löscht, überträgt oder ändert Domainnamenregistrierungen unter anderem aufgrund einer Erklärung des Domaininhabers, nach Erhalt einer entsprechenden Anordnung durch ein Gericht oder einer Entscheidung des Verwaltungsausschusses.

Die Stadtgemeinde Schladming klagte das Buchungsportal nunmehr in Österreich auf Unterlassung der Verwendung der Domain, die Einwilligung in die Löschung sowie deren Übertragung an sie. Es liege eine Namensanmaßung vor, die Verwechslungsgefahr auslöse. Die Nutzer nähmen an, die unter der strittigen Domain aufrufbare Website werde von der Klägerin betrieben.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht gaben dem Begehren auf Einwilligung in die Löschung der Domain sowie dem Unterlassungsbegehren statt. Das Übertragungsbegehren wiesen sie ab. Laut Begründung bestehe (laut Sachverständigengutachten) bei mehr als einem Drittel der touristisch interessierten Nutzer die Vorstellung, dass die strittige Domain der Klägerin zuzuordnen sei. Es bestehe daher ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 43 ABGB, da eine Zuordnungsverwirrung gegeben sei. Auch der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung sei berechtigt. Ein Übertragungsanspruch bestehe nicht.

Der OGH bestätigte nun die Abweisung des Übertragungsanspruchs. Auch bereicherungsrechtliche Ansprüche bestehen nicht. Die Domain www.schladmimg.com sei kein der Stadtgemeinde Schladming zugewiesenes Rechtsgut. Unter Verweis auf die deutsche Rechtsprechung (BGH vom 22. 11. 2001, I ZR 138/99 – shell.de) verwies der OGH darauf, dass es auch Dritte (etwa namensgleiche Personen) geben könne, die berechtigte Ansprüche auf die Domain geltend machen könnten. In einem solchen Fall wäre es nicht sachgerecht, der Klägerin allein auf Grund ihrer früheren Klagsführung einen Vorteil (nämlich den Besitz der Domain) zu gewähren und sie damit besser zu stellen, als sie ohne die Verletzungshandlung stünde.
Der Kennzeichenberechtigte könne sich auch dadurch hinreichend absichern, dass er bei der Vergabestelle zu seinen Gunsten einen so genannten Dispute-Antrag stelle (früher Wait-Antrag). Dieser bewirke, dass der Kennzeichenberechtigte in die Domainposition nachrücke, wenn der vorherige Inhaber der Domain, also der Kennzeichenverletzer, gelöscht werde.
Für (hier nicht relevante) .at-Domains, wird das praktische Bedürfnis an einem Übertragungsanspruch als größer erachtet, weil der Wartestatus der nic.at lediglich eine Übertragung auf Dritte verhindere, aber nicht bewirke, dass der Inhaber des Wartestatus bei Löschung der Registrierung neuer Domaininhaber werde.

Die Domain der Beklagten ist bei der Registrierungsstelle ICANN mit Sitz in den USA registriert. Punkt 3. der ICANN-Richtlinie über die Lösung von Streitigkeiten um Domänennamen verschafft dem (kennzeichenberechtigten) Dritten keinen direkten Anspruch. Es liegt daher kein (echter) Vertrag zugunsten Dritter im Sinn von § 881 ABGB vor. Punkt 3. der ICANN-Richtlinie besagt doch nur, dass die Registrierungsstelle im Fall des Vorliegens eines entsprechenden Urteils die Übertragung vornehmen werde; das heißt, der Kennzeichenberechtigte hat – bei Vorlage eines entsprechenden Urteils – allenfalls einen Anspruch gegen die Registrierungsstelle auf Übertragung der Domain. Ein Anspruch gegen den Kennzeichenverletzer kann aus der ICANN-Richtlinie nicht abgeleitet werden.

Zusammengefasst hielt der OGH daher nochmals fest, dass der begehrte Übertragungsanspruch mangels geeigneter Rechtsgrundlage nicht zu Recht besteht. Sollte ein praktisches Bedürfnis danach bestehen, wäre es Sache des Gesetzgebers, eine entsprechende Anspruchsgrundlage zu schaffen.