EuGH-Urteil vom 2.7.2020, Rechtssache C-684/19

 

Sachverhalt:

MBK Rechtsanwälte, eine in Deutschland ansässige Sozietät von Rechtsanwälten, ist Inhaberin einer deutschen Marke, die aus ihrer Bezeichnung „MBK Rechtsanwälte“ besteht. Diese Marke ist für Rechtsdienstleistungen eingetragen.

mk advokaten ist ebenfalls eine in Deutschland ansässige Sozietät von Rechtsanwälten. Zunächst übte sie ihre Tätigkeit unter der Bezeichnung „mbk rechtsanwälte“ und unter der entsprechenden Bezeichnung in niederländischer Sprache „mbk advokaten“ aus. Auf eine von MBK Rechtsanwälte erhobene Verletzungsklage hin untersagte das Landgericht Düsseldorf mk advokaten jedoch mit Urteil die Buchstabenfolge „mbk“ im geschäftlichen Verkehr für Rechtsdienstleistungen zu benutzen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

In der Folgezeit stellte sich heraus, dass die Eingabe von „mbk Rechtsanwälte“ in Google zu Treffern auf mehreren Websites mit Unternehmenseinträgen („Branchenbücher“) führte, auf denen eine Anzeige für die Rechtsdienstleistungen von mk advokaten erschien.

MBK Rechtsanwälte beantragte die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen mk advokaten. Das Landgericht Düsseldorf gab dem Antrag von MBK Rechtsanwälte statt. Es stellte fest, dass die Anzeige mk advokaten zugutekomme und auf der von ihr unmittelbar in Auftrag gegebenen Eintragung im Verzeichnis „Das Örtliche“ beruhe. Es verhängte ein Ordnungsgeld gegen mk advokaten, da diese sich nach dem o.g. Urteil darauf beschränkt habe, die in diesem Verzeichnis erschienene Anzeige löschen zu lassen.

Das OLG Düsseldorf legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.  Nach der ständigen Rechtsprechung der deutschen Gerichte seien nicht nur konkret streitgegenständliche Anzeigen zu löschen, sondern Rechtsverletzer haben vielmehr mit Hilfe der üblichen Suchmaschinen zu untersuchen, ob Betreiber anderer Websites diese Anzeige übernommen hätten, und, wenn dies der Fall sei, eine Löschung dieser späteren Eintragungen ernsthaft zu versuchen.

 

Entscheidung:

Der EuGH hielt zunächst fest, dass es sich um eine markenrechtlich relevante Benutzungshandlung handelt, wenn eine Person bei dem Betreiber einer Referenzierungswebsite die Veröffentlichung einer Anzeige in Auftrag gibt, die ein mit der Marke eines Dritten identisches oder dieser ähnliches Zeichen enthält oder deren Erscheinen durch dieses Zeichen ausgelöst wird.

Hingegen sind selbständige Handlungen anderer Wirtschaftsteilnehmer (wie die der Betreiber von Referenzierungswebsites), mit denen der Auftraggeber der ursprünglichen Anzeige keine unmittelbare oder mittelbare Beziehung unterhält und die nicht in ihrem Auftrag und für ihre Rechnung, sondern auf eigene Initiative und im eigenen Namen handeln, nicht zuzurechnen. Der markenrechtliche Ausdruck „benutzen“ erfordert nämlich ein aktives Verhalten und eine unmittelbare oder mittelbare Herrschaft über die Benutzungshandlung. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn diese Handlung von einem unabhängigen Wirtschaftsteilnehmer ohne Zustimmung des Werbenden vorgenommen wird.

Der EuGH kam daher zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 (Marken-RL) dahin auszulegen ist, dass keine markenrechtliche Benutzungshandlung des ursprünglichen Auftraggebers einer markenrechtsverletzenden Anzeige vorliegt, wenn der Betreiber einer anderen Website aus eigener Initiative und im eigenen Namen diese Anzeige übernimmt.

Das vorlegende Gericht wird im vorliegenden Fall daher zu prüfen haben, ob sich aus einem Verhalten von mk advokaten im Rahmen einer unmittelbaren oder mittelbaren Beziehung zwischen ihr und den Betreibern der betreffenden Websites ergibt, dass diese Betreiber die Anzeige im Auftrag und für Rechnung von mk advokaten online gestellt hatten. Liegt ein solches Verhalten nicht vor, kann MBK Rechtsanwälte nicht aufgrund des ausschließlichen Rechts nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 gegen mk advokaten vorgehen.