EuGH-Urteil: EuGH 11.7.2013, C-657/11, Belgian Electronic Sorting Technology (BEST)

Sachverhalt:

BEST (Klägerin) und Visys (Zweitbeklagte) entwickeln, produzieren und verkaufen mit Lasertechnologie ausgestattete Sortiermaschinen und Sortiersysteme. BEST wurde 1996 gegründet. Ihre Sortiermodelle tragen die Typenbezeichnungen „Helius“, „Genius“, „LS9000“ und „Argus“. Visys wurde 2004 u. a. von Herrn Peelaers (Erstbeklagter), einem ehemaligen Angestellten von BEST, gegründet.

2007 ließ der Erstbeklagte für die Zweitbeklagte den Domain-Namen „www.bestlasersorter.com“ registrieren. Der Inhalt der Website ist mit dem der gängigen Websites der Zweitbeklagten, die unter den Domain-Namen „www.visys.be“ und „www.visysglobal.be“ zugänglich sind, identisch.
2008 meldete BEST die Benelux-Bildmarke BEST an.

Kurz danach stellte ein Gerichtsvollzieher fest, dass bei Eingabe des Suchbegriffs „Best Laser Sorter“ in die Suchmaschine „www.google.be“ diese als zweites Ergebnis nach der Website der Klägerin einen Link zur Website der Zweitbeklagten enthielt und dass diese für ihre Websites folgende Metatags verwendete: „Helius sorter, LS9000, Genius sorter, Best+Helius, Best+Genius, … Best nv“.

BEST brachte daraufhin eine Unterlassungsklage ein.

Dem EuGH wurde im Zuge des Verfahrens die Vorlagefrage gestellt, ob der Begriff „Werbung“ in Art. 2 der RL 84/450/EWG und in Art. 2 der RL 2006/114/EG dahin auszulegen sei, dass er die Registrierung und Nutzung eines Domain-Namens sowie die Nutzung von Metatags in Metadaten einer Website umfasst.

Entscheidung:

Zur Eintragung der Domain:
Hinsichtlich der Eintragung der Domain stellte der EuGH fest, dass diese nichts weiter als ein formaler Akt ist, mit dem bei der für die Verwaltung der Domain-Namen zuständigen Stelle beantragt wird, diesen Domain-Namen gegen Bezahlung in ihrer Datenbank aufzuführen und die Internetnutzer, die diesen Namen eingeben, ausschließlich mit der vom Inhaber dieses Domain-Namens angegebenen IP-Adresse zu verbinden. Die bloße Eintragung eines Domain-Namens bedeutet jedoch noch nicht, dass dieser tatsächlich anschließend genutzt wird, um eine Website einzurichten, und die Internetnutzer folglich von diesem Domain-Namen Kenntnis erlangen können.
Angesichts des Ziels der Richtlinien 84/450 und 2006/114, kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass ein solch rein formaler Akt, der für sich allein nicht unbedingt die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Domain-Namens durch potenzielle Kunden beinhaltet und der folglich nicht deren Wahl beeinflussen kann, eine Äußerung mit dem Ziel darstellt, den Absatz der Waren oder die Erbringung der Dienstleistungen des Inhabers des Domain-Namens im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450 und von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114 zu fördern.
Zwar hat die Eintragung eines Domain-Namens zur Folge, den Mitbewerbern die Möglichkeit zu nehmen, diesen Domain-Namen für ihre eigenen Websites eintragen zu lassen und zu nutzen. Gleichwohl ist die Eintragung eines solchen Domain-Namens selbst keine Werbemitteilung, sondern stellt allenfalls eine Beschränkung der Kommunikationsmöglichkeiten dieses Mitbewerbers dar, die gegebenenfalls durch andere gesetzliche Bestimmungen geahndet werden kann.
Die Eintragung eines Domain-Namens stellt somit noch keine „Äußerung“ dar und ist daher nicht vom Begriff „Werbung“ iS der genannten Richtlinie erfasst.

Zur Nutzung der Domain:
Die Nutzung des Domain-Namens erfolgte jedoch ganz offensichtlich mit dem Ziel der Absatzförderung, deren Inhalt mit dem der gängigen Websites von Visys identisch ist. Durch die Nutzung eines sorgfältig ausgewählten Domain-Namens sollten möglichst viele Internetnutzer dazu bewegt werden, diese Website zu besuchen und sich das Angebot zu interessieren. Zudem stellt eine solche Nutzung eines Domain-Namens, der auf bestimmte Waren oder bestimmte Dienstleistungen oder auch auf den Handelsnamen eines Unternehmens verweist, eine Äußerung dar, die sich an die potenziellen Verbraucher richtet und diesen suggeriert, dass sie unter diesem Namen eine Website zu diesen Produkten oder Dienstleistungen oder auch zu diesem Unternehmen finden werden.
Die Nutzung des Domain-Namens unterfällt daher als Äußerung mit dem Ziel der Absatzförderung dem Begriff „Werbung“ iS der genannten Richtlinie.

Zur Nutzung der Metatags:
Wenn ein Internetnutzer auf der Suche nach Produkten eines bestimmten Unternehmens eine Bezeichnung oder Namen in eine Suchmaschine eingibt, hat die Nutzung von Metatags hat im Allgemeinen zur Folge, dass das Suchergebnis zugunsten des Nutzers von Metatags geändert wird. Im Ausgangsfall wurde bei Nutzung der in Rede stehenden Metatagsnach nach der Website von BEST als zweites Suchergebnis auf die Website von Visys verwiesen.
In den meisten Fällen will der Internetnutzer jedoch, wenn er die Bezeichnung eines Produkts eines Unternehmens oder dessen Namen als Suchbegriff eingibt, Informationen oder Angebote zu diesem spezifischen Produkt oder zu diesem Unternehmen und seiner Produktpalette finden. Wenn nun in der Liste der natürlichen Ergebnisse Links zu anderen Websites angezeigt werden, auf denen Produkte eines Mitbewerbers dieses Unternehmens angeboten werden, kann der Internetnutzer somit diese Links als Angebot einer Alternative zu den Waren dieses Unternehmens betrachten oder denken, dass diese Links zu Websites führen, auf denen die Produkte dieses Unternehmens angeboten werden. Dies ist erst recht der Fall, wenn sich die Links zur Website des Mitbewerbers dieses Unternehmens unter den ersten Suchergebnissen in der Nähe der Ergebnisse dieses Unternehmens befinden oder wenn der Mitbewerber einen Domain-Namen verwendet, der auf den Handelsnamen dieses Unternehmens oder auf die Bezeichnung eines seiner Produkte verweist.
Da die Nutzung von Metatags im Quellcode einer Website somit zur Folge hat, dass dem Internetnutzer, der eine dieser Bezeichnungen oder diesen Namen als Suchbegriff eingibt, suggeriert wird, dass diese Website mit seiner Suche im Zusammenhang steht, ist eine solche Nutzung ebenfalls als eine Äußerung im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450 und von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114 und damit als „Werbung“ iS der genannten Richtlinie anzusehen.
Es ist nicht maßgeblich, dass die Metatags für den Internetnutzer unsichtbar bleiben und ihr unmittelbarer Empfänger nicht dieser Internetnutzer, sondern die Suchmaschine ist.