EGMR-Urteil vom 25.10.2016, Nr. 60818/10
In der Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Profil“ vom 10. April 2006 wurde ein Artikel unter der Überschrift „Schwere Hypothek“ veröffentlicht. Der Artikel war auf dem Cover mit dem Titel „Kärntner Hypo-Affäre – Wie viel wusste Haider?“ angekündigt.
In diesem Artikel warf der damalige Vorstandschef der Kärntner Bank Hypo Alpe Adria einem Treasurer der Bank vor, im Alleingang und unter Missachtung interner Vorgaben riskante Geschäfte eingegangen zu sein. Gegen den dort namentlich genannten Mitarbeiter wurde später auch ein Strafverfahren geführt. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt, es kam zu keiner Verurteilung. Der namentlich genannte Treasurer brachte in weiterer Folge einen Antrag auf Zahlung einer medienrechtlichen Entschädigung gem § 7a MedienG beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein. § 7a MedienG gewährt einen Identitätsschutz in der Kriminalberichterstattung und lässt einen identifizierenden Bericht nur unter bestimmten Umständen zu. Insbesondere wegen der Bedeutung der Tat, der in das Geschehen verwickelte Personen oder aus einem anderen Grund überwiegende Informationsinteressen der Öffentlichkeit.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien wies den Antrag unter Verweis auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit noch ab. Das OLG Wien sprach dem namentlich genannten Mitarbeiter hingegen EUR 3.000 Entschädigung zu. Der OGH lehnte eine Erneuerung des Strafverfahrens gem § 363a StPO ab.
Anders hat nun allerdings der EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) entschieden: Die Berichterstattung über den Hypo-Skandal und die damit einhergehenden Milliardenverluste seien von großem öffentlichen Interesse, sodass der Spielraum des Staates, hier die Medienfreiheit zu beschränken, sehr gering ausfalle. Die österreichischen Gerichte hätten diesen Spielraum überschritten. Eine Namensnennung sei daher nicht rechtswidrig gewesen, da es sich um zuverlässige Informationen gehandelt habe und der Mann nicht schlecht gemacht worden sei.