OGH-Entscheidung vom 26.9.2016, 4 Ob 60/16a

Sachverhalt:

Die Streitteile sind jeweils Medieninhaber von Gratis-Zeitungen, die in einander zum Teil überschneidenden Gebieten verbreitet werden. Die Printmedien der Beklagten enthalten regelmäßig nicht nur entgeltliche Werbeeinschaltungen, sondern auch einen hohen Anteil an redaktionellen Beiträgen.

In manchen Ausgaben wurden Unternehmen gegen Bezahlung besonders hervorgehoben: Für das Erscheinen eines klassischen Inserats in der unteren Seitenhälfte und dem von einem Redakteur verfassten Bericht mit einem inhaltlich passenden Titel in der oberen Seitenhälfte, zahlte der dort jeweils genannte Unternehmer an die Beklagte mehrere Hundert Euro. Die Unternehmer hatten mit der Beklagten das Erscheinen eines Artikels und eines Inserats gegen Bezahlung eines Gesamtentgelts vereinbart. Für die Veröffentlichung der übrigen Artikel wurde von den darin vorgestellten Unternehmern jeweils kein Entgelt bezahlt. Teilweise wurde von den Unternehmen auch nur für ein Inserat bezahlt und es erschien unentgeltlich ein thematisch passender Artikel.

Der Kläger klagte auf Unterlassung und brachte vor, die Beklagte habe entgeltliche Einschaltungen veröffentlicht, die als redaktionelle Beiträge getarnt und nicht gemäß § 26 MedienG gekennzeichnet worden seien. Dem Großteil dieser Veröffentlichungen sei gemeinsam, dass zwar in diesen Ausgaben Unternehmen sehr wohl Inseratenplätze gegen Entgelt gebucht hätten, dass aber die Beklagte – jeweils als Gegenleistung für das Werbeentgelt – dann nicht nur das Inserat selbst, sondern jeweils auch noch einen besonderen „PR-Artikel“ – tendenziell zugunsten des jeweiligen Inserenten – in einer typisch redaktionellen Aufmachung platziert habe. Dadurch werde der Leser in beiden Medien der Beklagten in die Irre geführt, weil ihm reine Werbeinhalte als redaktionelle Beiträge, in die regelmäßig ein deutlich höheres Vertrauen des Lesers gesetzt werde, „untergejubelt“ würden.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht gaben dem Unterlassungsbegehren statt. Jedoch kamen beide Instanzen zu dem Ergebnis, dass auch unentgeltliche (nicht gekennzeichnete und redaktionell getarnte) Wirtschaftswerbung aus den für die Einführung des § 26 MedienG maßgeblichen Erwägungen gegen § 1 UWG verstoße.

Der OGH bestätigte zwar die Entscheidung hinsichtlich der entgeltlichen nicht gekennzeichneten Beiträge, wies das Unterlassungsbegehren hinsichtlich unentgeltlicher nicht gekennzeichneter Beiträge ab:

Gemäß § 26 MedienG müssen Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, in periodischen Medien als „Anzeige“, „entgeltliche Einschaltung“ oder „Werbung“ gekennzeichnet sein, es sei denn, dass Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.  Diese Kennzeichnungspflicht erfasst nur entgeltliche Veröffentlichungen, nicht auch Veröffentlichungen aus bloßer Gefälligkeit.

§ 26 MedienG und UWG Anh Z 11 enthalten im Kern dieselben Gebote bzw Verbote; insoweit kann § 26 MedienG als von der RL-UGP gedeckt angesehen werden. Sowohl § 26 MedienG als auch UWG Anh Z 11 knüpfen an die Entgeltlichkeit der Veröffentlichungen an. UWG Anh Z 11 verpönt als irreführende Geschäftspraktik das Einsetzen redaktioneller Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung, wenn der Gewerbetreibende diese Verkaufsförderung bezahlt, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern und Tönen eindeutig hervorgehen würde (als Information getarnte Werbung). Demgegenüber besteht ein ausdrückliches gesetzliches Kennzeichnungsgebot für unentgeltliche Werbung in redaktionellen Beiträgen periodischer Medien nicht.

Zusammenfassend hielt der OGH fest, dass ein ausdrückliches gesetzliches Kennzeichnungsgebot für unentgeltliche Werbung in redaktionellen Beiträgen periodischer Medien nicht besteht, wie nicht nur ein Umkehrschluss aus § 26 MedienG und UWG Anh Z 11 nahelegt, sondern auch systematische Überlegungen auf Grund der Sonderregel des § 3 UWG für redaktionelle Mitteilungen in Zeitungen zeigen, die das hier zu beurteilende Verhalten lauterkeitsrechtlich nicht sanktioniert. Das als „Schleichwerbung“ beanstandete Verhalten der Beklagten in redaktionellen Beiträgen ist auch unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG nicht unlauter.