OGH-Entscheidung vom 21.10.2014,  4 Ob 172/14v

Sachverhalt:

Die Medieninhaberin der wöchentlich in Oberösterreich und in Teilen von Niederösterreich erscheinenden Gratiszeitung „Tips“ tritt seit 2009 als Sponsor einer Mehrzweckhalle in Linz auf. Als Gegenleistung für die Sponsorzahlungen wurde die Halle in „TipsArena Linz“ umbenannt. Diese Bezeichnung wurde auch auf dem Hallengebäude angebracht und von der Hallenbetreiberin den Medien mitgeteilt. Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ (hier Beklagte) wurde auch mit Mail aufgefordert, bei der Ankündigung von Veranstaltungen oder sonstigen Hinweisen künftig ausnahmslos den Namen „TipsArena Linz“ zu verwenden. Dessen ungeachtet wurde die Halle in der „Kronen Zeitung“ sowohl im Rahmen von Veranstaltungshinweisen als auch in der redaktionellen Berichterstattung nur als „Linz-Arena“ oder „Arena Linz“ bezeichnet. Auch Anzeigen wurden in der „Kronen Zeitung“ nur dann veröffentlicht, wenn der Inserent den Veranstaltungsort mit „Linz Arena“ bezeichnet. Die Beklagte lehnt es nämlich ab, einen Mitbewerber im eigenen Blatt zu nennen.

Die Medieninhaberin der Gratiszeitung „Tips“ klagte daher u.a. auf Unterlassung und begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, die „TipsArena Linz“ a) im Zuge von redaktionellen Berichten, b) im Rahmen von Veranstaltungshinweisen oder aber c) in (sonstigen) entgeltlichen Einschaltungen, bloß als „Arena Linz“ zu bezeichnen. Die Beklagte verstoße mit ihrem Verhalten gegen § 1 UWG, wenn sie in der Absicht, die Klägerin zu schädigen, im Rahmen von Veranstaltungshinweisen und redaktionellen Beiträgen den Namen des Sponsors der Veranstaltungshalle verschweige und dadurch die Werbewirksamkeit des von der Klägerin mit der Halleneigentümerin abgeschlossenen Sponsorvertrages gezielt unterlaufe. Dieses Verhalten sei als unlautere Werbebehinderung und unlautere Boykottaufforderung zu beurteilen.

Entscheidung:

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Die Beklagte habe mutwillig den Namensbestandteil „Tips“ weggelassen; auf diese Weise verhindere sie gezielt die Ausschöpfung des Werbewerts, der sich für die Klägerin aus dem vollen Namen des Veranstaltungsortes ergebe. Die Beklagte unterlaufe durch aktives Tun bewusst den Hauptzweck des abgeschlossenen Sponsorvertrages, nämlich die Werbung für die Klägerin durch Nennung ihres Namens im Zusammenhang mit diversen Veranstaltungen.

Das Berufungsgericht wies lediglich das Teilbegehren betreffend die Nennung des vollen Hallennamens im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung ab und lies die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein (Print-)Medienunternehmen, wenn es in seiner redaktionellen Berichterstattung auf eine Veranstaltungshalle Bezug nimmt, unter dem Aspekt des Lauterkeitsrechts dazu verpflichtet ist, den vollen Namen des Veranstaltungsortes einschließlich des auf einen Sponsor hinweisenden Zusatzes zu nennen, wenn der Sponsor Mitbewerber des Medienunternehmens ist und mit dem Betreiber der Veranstaltungshalle die Führung eines auf ihn hinweisenden Zusatzes in der Bezeichnung der Veranstaltungshalle vereinbart hat.

Der OGH wies diesen teil des Unterlassungsbegehrens ebenfalls ab und sprach dazu aus, dass das von der Klägerin verfolgte Unterlassungsgebot unmittelbar auf ein Verhalten der Beklagten mit Wirkungen auf deren redaktionelle Berichterstattung in einem Printmedium zielt und daher im verfassungsrechtlich geschützten Grundrecht der journalistischen Gestaltungsfreiheit eine Grenze findet. Es ist nur bei Vorliegen der besonderen Rechtfertigungsgründe des Art 10 Abs 2 EMRK zulässig, unter Berufung auf lauterkeitsrechtliche Normen die Meinungsfreiheit des Art 10 EMRK einzuschränken. Die Ausnahmen des Art 10 Abs 2 EMRK müssen jedoch eng ausgelegt werden. Sie müssen weiters in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein. Aus dem in Art 10 Abs 2 EMRK genannten Katalog der Rechtfertigungsgründe für eine Grundrechtseinschränkung kommt im Anlassfall allein der „Schutz der Rechte anderer“, nämlich der Rechte der Klägerin aus ihrem Sponsorvertrag mit dem Halleneigentümer, in Betracht. Dass das rein wirtschaftliche Recht der Klägerin, aus ihrem Sponsorvertrag Nutzen ziehen zu dürfen, in der Abwägung gegenüber der journalistischen Gestaltungsfreiheit, die auch das Medium der Beklagten vor staatlichen Eingriffen schützt, das höhere Rechtsgut wäre, und dass eine mit einem Sponsorvertrag begründete Einschränkung der journalistischen Gestaltungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei, ist allerdings nicht zu erkennen.

§ 1 UWG bietet daher keine Grundlage, die Beklagte in der redaktionellen Berichterstattung ihres Mediums zur Bezeichnung eines Veranstaltungsgebäudes allein in der von der Klägerin gewünschten Form zu verpflichten.