OGH-Entscheidung vom 29.5.2018, 4 Ob 58/18k

Sachverhalt:

Der VKI klagte eine Bank auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in deren AGB. Diese enthielten Bestimmungen über eine „Postbox“.

Laut AGB ist „die Postbox ist ein elektronischer Briefkasten, in den Erklärungen und Informationen des Kreditinstituts eingehen. Die Postbox ist über das Online-Banking und das Mobile-Banking/die Banking App abrufbar. Sämtliche Konto- und Depotinformationen sowie den Kunden betreffende Mitteilungen werden vom Kreditinstitut in elektronischer Form in die vom Kunden aktivierte Postbox übermittelt, worüber der Kunde mittels E-Mail gesondert verständigt wird. Mit der Nutzung der Postbox verzichtet der Kunde ausdrücklich auf den postalischen Versand der hinterlegten Dokumente.“

Die in der Postbox enthaltenen Dokumente werden dem Kunden „für die Dauer von mindestens drei Jahren elektronisch zur Verfügung. Nach dem Ablauf dieser Frist kann das Kreditinstitut die betroffenen Dokumente entfernen, ohne dass der Kunde darüber eine gesonderte Benachrichtigung erhält. Der Kunde hat die gewünschten Dokumente rechtzeitig selbst zu archivieren. Die Postbox eignet sich daher nicht zur langfristigen Dokumentenaufbewahrung.“

Entscheidung:

Der OGH bejahte einen Verstoß gegen § 26 Abs 1 Z 1 Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG). Aus der Begründung:

Das Transparenzgebot soll dem Kunden im Rahmen des Möglichen und Überschaubaren ermöglichen, sich aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren, damit er nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten werden kann und ihm nicht unberechtigte Pflichten abverlangt werden. Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden.

Die zitierte Klausel räumt wegen der Wortfolge „oder wenn es aufgrund anderer Umstände zweckmäßig ist“ sowie „postalisch oder auf andere Weise“ der Beklagten einen Ermessensspielraum ein. Für einen Verbraucher ist nicht erkennbar, unter welchen anderen Umständen (als den gesetzlich zwingenden) eine andere Art der Zustellung von der Beklagten für zweckmäßig angesehen wird oder mit welcher anderen Form der Zustellung er neben einer solchen per Post noch rechnen muss. Die Klausel vermittelt aus diesen Erwägungen dem Verbraucher ein unklares Bild des Vertragsinhalts, was auch für die nicht näher erklärte „andere Weise“ der Zustellung zutrifft.

§ 26 Abs 1 Z 1 ZaDiG verpflichtet den Zahlungsdienstleister, dem Zahlungsdienstnutzer die Informationen und Vertragsbedingungen im Fall eines Rahmenvertrags gemäß § 28 in Papierform oder, sofern der Zahlungsdienstnutzer damit einverstanden ist, auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitzuteilen. Nach der maßgeblichen Begriffsbestimmung des § 3 Z 23 ZaDiG ist ein dauerhafter Datenträger jedes Medium, das es dem Zahlungsdienstnutzer ermöglicht, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann und das die unveränderte Wiedergabe gespeicherter Informationen ermöglicht.

Der EuGH sprach in einem ähnlich gelagerten Fall bereits aus, dass Änderungen der Informationen und Vertragsbedingungen sowie Änderungen des Rahmenvertrags, die der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer über eine Mailbox auf einer E-Banking-Website übermittelt, (immerhin, aber nur) dann auf einem dauerhaften Datenträger mitgeteilt werden, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Die Website gestattet es dem Zahlungsdienstnutzer, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine angemessene Dauer einsehen kann und ihm die unveränderte Wiedergabe gespeicherter Informationen möglich ist, ohne dass ihr Inhalt durch den Zahlungsdienstleister oder einen Administrator einseitig geändert werden kann, und,

2. sofern der Zahlungsdienstnutzer die Website besuchen muss, um von den betreffenden Informationen Kenntnis zu erlangen, geht mit ihrer Übermittlung einher, dass der Zahlungsdienstleister von sich aus tätig wird, um den Zahlungsdienstnutzer davon in Kenntnis zu setzen, dass die Informationen auf der Website vorhanden und verfügbar sind.

Im hier zu beurteilenden Fall widerspricht jedoch der Umstand, dass die Beklagte dem Kunden die in der Postbox enthaltenen Dokumente gesichert (arg „mindestens“) nur für drei Jahre zur Verfügung stellt und die Beklagte danach die Möglichkeit hat, die Dokumente ohne gesonderte Benachrichtigung zu entfernen, den vom EuGH gestellten Anforderungen an einen dauerhaften Datenträger. Die Anforderungen des EuGH an eine Website mit Mailbox als dauerhaftem Datenträger werden nicht bereits dann erfüllt, wenn die erforderlichen Informationen dem Kunden dort für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt werden, damit er sie selbst (extern, etwa auf der eigenen Festplatte) speichern oder ausdrucken kann. Aus diesem Grund ist die Postbox der Beklagten kein dauerhafter Datenträger.