EuGH-Entscheidung: EuGH 11.7.2013, C-521/11 (Amazon / Austro Mechana)

Grundsätzlich können Mitgliedstaaten der EU die Anfertigung von Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke erlauben. Im Gegenzug muss aber der Mitgliedstaat in Entsprechung der Richtlinie 2001/29/EG dafür sorgen, dass die Rechteinhaber einen „gerechten Ausgleich“ erhalten.

In Österreich besteht dieser gerechte Ausgleich für die Erstellung gesetzlich zulässiger Privatkopien von Bild- und Tonwerken in der sogenannten „Leerkassettenvergütung“. Dabei handelt es sich um eine Abgabe für Privatkopien, die beim Erstverkauf von zur Vervielfältigung geeignetem Trägermaterial (Tonbänder, CD-/DVD-Rohlinge, Speicherkarten, etc) eingehoben wird. Die Ansprüche werden von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht. Im vorliegenden Fall von der österreichischen Austro Mechana gegen den Internetversand-Riesen Amazon.

Der EuGH hat nun auf Vorlagefragen des OGH geantwortet und in Sachen Zulässigkeit der „Leerkassettenvergütung“ entschieden. Demnach kann die unterschiedslose Erhebung einer Abgabe für Privatkopien auf den Erstverkauf von Trägermaterial unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Unionsrecht vereinbar sein.

Auf die erste Vorlagefrage des OGH antwortete der EuGH, dass Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, nach der eine Abgabe für Privatkopien unterschiedslos beim ersten gewerbsmäßigen und entgeltlichen Inverkehrbringen von zur Vervielfältigung geeignetem Trägermaterial in seinem Hoheitsgebiet angewandt wird und die zugleich einen Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Abgaben vorsieht, falls die Endnutzung des Trägermaterials nicht von dem in dieser Vorschrift geregelten Fall erfasst wird, nicht entgegensteht, wenn praktische Schwierigkeiten eine solche Regelung zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs rechtfertigen und wenn der Rückerstattungsanspruch wirksam ist und keine übermäßige Erschwernis bei der Erstattung der gezahlten Abgabe mit sich bringt.

Insofern obliegt es nun dem OGH zu entscheiden, ob praktische Schwierigkeiten eine solche Regelung zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs rechtfertigen und ob der Rückerstattungsanspruch nicht so ausgestaltet ist, dass er die Erstattung der gezahlten Abgabe übermäßig erschwert.

Die zweite Vorlagefrage beantwortete der EuGH dahingehend, dass widerlegbar vermutet werden darf, dass Privatpersonen Trägermaterial zu privaten Zwecken nutzen, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen müssen praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des privaten Zwecks der Nutzung des fraglichen Trägermaterials die Aufstellung einer solchen Vermutung rechtfertigen. Zum anderen darf die vorgesehene Vermutung nicht dazu führen, dass die Abgabe für Privatkopien in Fällen auferlegt wird, in denen der Endnutzer des Trägermaterials offenkundig nicht von dem in dieser Vorschrift geregelten Fall erfasst wird. Dies zu prüfen sei Sache des OGH.

Die dritte Vorlagefrage beantwortete der EuGH dahingehend, dass der gerechte Ausgleich oder der zur Finanzierung dieses Ausgleichs bestimmten Abgabe für Privatkopien nicht unmittelbar an die Bezugsberechtigten ausgezahlt werden muss, sondern zur Hälfte an zu ihren Gunsten geschaffene soziale und kulturelle Einrichtungen geleistet werden kann, sofern diese sozialen und kulturellen Einrichtungen tatsächlich den Berechtigten zugutekommen und die Funktionsmodalitäten dieser Einrichtungen nicht diskriminierend sind. Dies zu prüfen sei ebenfalls Sache des OGH.

Zu guter Letzt beatwortete der EuGH die vierte Vorlagefrage dahingehend, dass der Pflicht, eine Abgabe für Privatkopien zu entrichten, nicht entgegenstehen kann, dass eine entsprechende Abgabe bereits in einem anderen Mitgliedstaat entrichtet worden ist.