OGH-Entscheidung vom 26.11.2019, 4 Ob 155/19a

 

Sachverhalt:

Ein Rundfunkunternehmen beauftragte im Jahr 1995 eine Werbeagentur mit einer Imagekampagne für den Sender Ö1. Kern der Kampagne war der von einem damaligen Mitarbeiter der Klägerin geschaffene Slogan „Ö1 gehört gehört“.

Die Werbeagentur ließ sich die urheberrechtlichen Verwertungsrechte, Leistungsschutzrechte und sonstigen Eigentumsrechte daran von ihrem Mitarbeiter übertragen. Nach Ablauf der Kampagne wurde der Slogan vom Rundfunkunternehmen weiterverwendet. Die Werbeagentur stellte keine weiteren Forderungen deswegen. Erst im Jahr 2016, als das Rundfunkunternehmen eine Kampagne für 2017 ausschrieb (an welcher Ausschreibung sich die Werbeagentur nicht beteiligte), teilte die Werbeagentur dem Rundfunkunternehmen mit, dass sie seine Auffassung, dass die Rechte am Slogan, der auch in der neuen Kampagne verwendet werden müsse, ihm gehöre, nicht teile.

Die Werbeagentur klagte schließlich auf Unterlassung. Das beklagte Rundfunkunternehmen dürfe ohne ihre Zustimmung den Slogan „Ö1 gehört gehört“ nicht verwenden.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass dem Beklagten das zeitlich unbegrenzte Werknutzungsrecht an dem Slogan übertragen wurden. Dies sei das gemeinsame Verständnis gewesen, zumal der Slogan auch nach Beendigung der Kampagne über rund 20 Jahre verwendet wurde und die Klägerin dem nicht widersprochen habe.

Der OGH wies dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin zurück. Aus der Begründung:

Bei Fehlen einer konkreten Vereinbarung seien die allgemeinen zivilrechtlichen Auslegungsregeln heranzuziehen. Nach §§ 914 ff ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung, und weiter vom Willen der Parteien (also der dem Erklärungsempfänger erkennbaren Absicht des Erklärenden) auszugehen, der nicht irgendein unkontrollierbarer Parteiwille, sondern im Wesentlichen der „Geschäftszweck“ ist.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im konkreten Fall das Werknutzungsrecht am Slogan „Ö1 gehört gehört“ aufgrund der allgemeinen Auslegungsregeln bei Verträgen auf Dauer übertragen wurde, hielt der OGH daher jedenfalls für vertretbar. Der Erfolg der von der Klägerin gestalteten Imagekampagne sei davon abhängig, den Verbrauchern das einmal geprägte Image durch die Weiterverwendung von etablierten Identifikationsmerkmalen gegenwärtig zu halten. Deshalb sowie aufgrund der jahrzehntelangen widerspruchslosen Duldung der Verwendung des Slogans sei das Nutzungsrecht am Slogan dem Beklagten zeitlich unbegrenzt übertragen worden.