OGH-Entscheidung vom 29.1.2019, 4 Ob 150/18i

Sachverhalt:

Milka vertreibt in Österreich unter der Bezeichnung „Choco Trio“ Kuchenstücke, die mit einer Kakaofüllung gefüllt und mit Schokolade überzogen sind. In einem lilafarbenen, undurchsichtigen Außenkarton sind je fünf Kuchenstücke einzeln in Kunststofffolie verpackt. Auf der linken Schmalseite des Außenkartons befindet sich ein Hinweis auf die Gesamtinhaltsmenge von 150 g. Im Außenkarton befinden sich fünf einzeln in silberfarbene, undurchsichtige Kunststofffolie verpackte Kuchenstücke, die locker nebeneinander liegen.

Der VKI hielt dies für irreführend und klagte auf Unterlassung. Milka sollte es (zusammengefasst) untersagt werden, Kuchen in undurchsichtigen Verpackungen, insbesondere aus Karton, in den Verkehr zu bringen, deren tatsächliche Füllmenge weit unter dem Fassungsvermögen der Verpackung liegt, etwa weil der Karton nur zu rund 50 bis 60 % mit Kuchen befüllt ist.

Milka hielt dem entgegen, dass die Verpackung der einzelnen Kuchenstücke in einer Luftpolsterverpackung aus Kunststoff notwendig sei, um die Haltbarkeit zu gewährleisten, die geschmacklichen Eigenschaften aufrechtzuerhalten, die sensiblen Produkte gegen äußere Einflüsse zu schützen, ihre Konsistenz zu bewahren und insbesondere ein Austrocknen sowie ein Aneinanderkleben aufgrund des Schokoladeüberzugs zu verhindern. Eine Trennung der einzelnen Kuchen sei lebensmitteltechnologisch unbedingt notwendig und auch üblich. Die Luftpolsterverpackungen verlören im Laufe der Zeit Luft, was zu einem Schrumpfen der Einzelverpackungen und dadurch zu Leerraum in der Kartonverpackung führe.

Entscheidung:

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Zudem sprach es aus, dass der Rekurs an den OGH zulässig sei, weil zu den maßgeblichen Fragen höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Der OGH befand den Rekurs der Beklagten für zulässig, jedoch nicht berechtigt. Aus der Begründung:

Unter dem Begriff „Mogelpackung“ wird eine Fertigverpackung verstanden, die durch ihre äußere Aufmachung über Anzahl, Maß, Volumen oder Gewicht der tatsächlich darin enthaltenen Waren irreführt. Eine derartige Irreführung kann insbesondere durch die Überdimensionierung der Verpackung erzielt werden. Maßgebend ist, ob ein angemessen gut unterrichteter und kritischer Durchschnittsverbraucher, der eine der Bedeutung der Ware angemessene Aufmerksamkeit an den Tag legt, einen Eindruck vom Packungsinhalt gewinnt, der nicht den Tatsachen entspricht und geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Macht sich ein derartiger Adressat über bestimmte Beschaffenheiten eines Produkts allerdings ohnehin keine Vorstellungen, kann er auch insoweit nicht in die Irre geführt werden.

Der Kernvorwurf der Klägerin („weit unter dem Fassungsvermögen der Verpackung“, „Karton nur zu 50 bis 60 % mit Kuchen befüllt“) gründet auf einer Irreführung über das Volumen der enthaltenen Ware. Da dieses mit dem Gewicht der Ware nicht in einem für den durchschnittlichen Verbraucher erkennbaren Verhältnis korreliert, wird eine allfällige durch die Packungsgröße bewirkte Irreführung über diesen Umstand auch nicht durch die Angabe des Füllgewichts beseitigt.

Die Bedeutung eines aufklärenden Hinweises liegt in der Beseitigung einer selbst geschaffenen Irreführungsgefahr. Sein Fehlen wird der Beklagten nicht als Rechtsbruch angelastet, sondern eine allfällige Aufklärung steht ihr als Möglichkeit frei. Macht sie von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch, geht dies beim Irreführungstatbestand zu ihren Lasten.

Ein verständiger Verbraucher wird bei einer rechteckigen Verpackung für Kuchen annehmen, deren Volumen sei insoweit befüllt, als sich dies aufgrund der Form der Ware sinnvoll bewerkstelligen lässt.

Im vorliegenden Fall stimmte der OGH dem Berufungsgericht darin zu, dass eine Täuschung über das Volumen von 40 bis 50 % bei Kuchen grundsätzlich eine relevante Irreführung bewirken kann. Dass das Kuchenvolumen für einen Verbraucher für seine Kaufentscheidung gänzlich ohne Bedeutung sei, trifft nicht zu.

Das exakte Verhältnis zwischen Ware (einschließlich – nicht aufgeblähter – Einzelverpackung) und Außenverpackung wurde jedoch nicht festgestellt. Insofern konnte der OGH, der keine Tatsacheninstanz ist, dem Berufungsgericht in seiner Ansicht, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, nicht entgegentreten.