OGH-Entscheidung vom 11.8.2015, 4 Ob 121/15w

Sachverhalt:

Eine große Supermarktkette (beklagte Partei) bot in ihren Filialen sowie in ihrem Onlineshop geräucherte Forellenfilets in folgender Verpackung an:

forellenfilet

 

 

 

 

 

 

 

Die Forellenfilets stammen aus italienischer Aquakultur, werden jedoch in Österreich von einem dritten Unternehmen geräuchert und verpackt. Dieses Unternehmen ist ein nach dem International Featured Standard (IFS) zertifizierter Betrieb und IFS-Lizenznehmerin. Die Supermarktkette selbst ist nicht IFS-zertifiziert; sie ist und war nie Lizenznehmerin des IFS. Es liegt keine Genehmigung vor, die der beklagten Partei den Verweis auf die IFS-Zertifizierung erlaubt.

In den Lizenzbestimmungen des IFS ist festgehalten, dass „ein nach IFS-Food zertifiziertes Unternehmen, ein IFS-Food akzeptierendes Unternehmen, welches ein IFS-Zertifikat von seinem Lieferanten oder Dienstleister akzeptiert, oder eine IFS-Food-Zertifizierungsstelle das IFS-Logo für Werbezwecke und für Informationen zur IFS-Zertifizierung nutzen kann, sofern dieses nicht auf der Verpackung des Endproduktes angebracht wird, die dem Endverbraucher zugänglich ist. Weiters ist vorgesehen, dass die Wortmarken „IFS“, „International Featured Standard“, „IFS-Food“ oder ähnliches nicht für Kommunikationszwecke auf Endprodukten verwendet werden dürfen, die für Endverbraucher zugänglich sind.

Die klagende Partei, der WIWE-Schutzverband zur Förderung lauteren Wettbewerbs im In- und Ausland, klagte u.a. auf Unterlassung.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht gaben dem Unterlassungsbegehren Folge. Der OGH hielt die Revision der Beklagten für unberechtigt. Aus der Begründung:

Nach § 2 Abs 2 UWG gelten die im Anhang unter Z 1 bis 23 angeführten Geschäftspraktiken jedenfalls als irreführend. Eine weitere Prüfung von Tatbestandsvoraussetzungen oder Abwägungen im Einzelfall ist daher nicht erforderlich. Dementsprechend entfällt auch die Prüfung der Spürbarkeit gemäß § 1 Abs 1 UWG sowie die Relevanzprüfung nach § 2 Abs 1 UWG. Somit sind auch Geschäftspraktiken unterhalb der Erheblichkeitsschwelle als unlauter zu qualifizieren.

Folgende Geschäftspraktiken gelten nach UWG Anh Z 2 als unlauter: Die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskenn-zeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung. UWG Anh Z 2 schützt vor Irreführung durch die Verwendung von unternehmens- oder produktbezogenen Auszeichnungen (Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem), die aufgrund einer objektiven Prüfung vergeben werden und im Verkehr als Hinweis auf eine besondere Güte oder Qualität verstanden werden. Der OGH war der Ansicht, dass das IFS-Zertifikat rechtlich einem Gütezeichen, Qualitätszeichen oder Ähnlichem iSd UWG Anh Z 2 gleich kommt. Klassische Zeichen dieser Art sind nach einhelliger Ansicht gerade Zertifikate, die aufgrund von Zertifizierungsverfahren vergeben werden, mit denen ein bestimmter Standard geprüft wird.

Indem die beklagte Partei auf der Verpackung auf den IFS-zertifizierten Betrieb hinwies, hat sie das Zertifikat auch verwendet. Für eine auf die genannte Bestimmung gestützte Unlauterkeit ist die Verwendung als Marke keine Voraussetzung.

Der OGH bejahte daher einen Verstoß gegen UWG Anh Z 2.

Ebenso wurde der Hinweis auf einen „österreichischen Familienbetrieb“ als irreführend iSd § 2 UWG beurteilt. Für die Relevanz der Irreführung reiche schon aus, dass die Bezugnahme auf die geographische Herkunft geeignet sei, einen nicht unerheblichen Teil der umworbenen Abnehmer bei seiner Auswahlüberlegung irgendwie zu beeinflussen. Ob die Irreführung im Einzelfall tatsächlich bewirkt wird, ist dabei unerheblich; die bloße Gefahr einer Täuschung genügt.