OGH-Entscheidung vom 17.9.2014, 4 Ob 62/14t

Sachverhalt:

In der Sonntags- und Feiertagsausgabe einer Tageszeitung wurde mit Bildern bekannter österreichischer Ski-Sportler geworben. Konkret wurde an einem Sonntag im Dezember 2011 die Ankündigung Österreich morgen um nur 70 Cent“ veröffentlicht, wobei es sich bei den abgebildeten Sportlern um Benni Raich und Elisabeth Görgl handelt. An einem Sonntag im Jänner 2012 wurde die Ankündigung „In Österreich der beste Sport um 70 Cent“ veröffentlicht. Bei den dort abgebildeten Sportlern handelt es sich um Anna Fenninger und Marcel Hirscher.

Bei den genannten Sportlern handelt es sich um Mitglieder des Nationalkaders des Österreichischen Skiverbands (ÖSV). Die Beklagte hatte vorab keine Zustimmung zur Veröffentlichung ihrer Lichtbilder eingeholt, weder bei den abgebildeten Sportlern noch beim ÖSV.

Die Medieninhaberin eines Konkurrenzmediums klagte daraufhin u.a. auf Unterlassung und beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Veröffentlichungen seien irreführend iSd § 2 UWG, weil tatsachenwidrig der Eindruck erweckt werde, dass die Sportler die Zeitung der Beklagten als die Zeitung mit dem besten Sport empfehlen würden. Durch die Veröffentlichung werde auch der Rechtsbruch iSv § 1 UWG verwirklicht. Die konsenslose Verwendung der Fotos verstoße gegen § 78 UrhG. Im Übrigen sei die Durchführung kommerzieller Werbung unter Verwendung von Personenbildnissen ohne Zustimmung des Abgebildeten nach nunmehr geltender Rechtslage eine unlautere Geschäftspraxis iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG.

Entscheidung:

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Das Rekursgericht wies den Antrag wiederum ab. Der OGH stellte schließlich die erstgerichtliche Entscheidung wieder her:

Der OGH setzte sich in seiner Entscheidung erstmals mit der Rechtsfrage auseinander, ob die konsenslose Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit Medienwerbung gegen die berufliche Sorgfalt von Medienunternehmen verstößt und – bejahendenfalls – ob der Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt als solcher lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet.

In der Entscheidung 4 Ob 20/08g ist der OGH zum dem Ergebnis gekommen, dass die Veröffentlichung von Bildnissen öffentlich bekannter Personen ohne deren Zustimmung für die Bewerbung des eigenen Medienprodukts nicht schon deshalb unzulässig sei, weil sie ohne Einwilligung des Abgebildeten erfolgte. Schutzobjekt sei nicht das Bild an sich, sondern bestimmte, mit dem Bild verknüpfte Interessen. Es entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 78 UrhG, wenn ein Mitbewerber des Verletzers eine allfällige Verletzung der Interessen des Abgebildeten geltend machen könnte. Es könne aber auch nicht Zweck des Lauterkeitsrechts sein, allfällige Verletzungen des Rechts am eigenen Bild als Persönlichkeitsrecht eines Dritten zu verfolgen, wenn dieser Dritte darüber selbst frei disponieren und seine Rechte entsprechend wahrnehmen könne oder diese Rechte nicht wahrnehme. Es sei daher nur der durch die Bildnisveröffentlichung in seinen Interessen schutzwürdige Beeinträchtigte berechtigt, den Schutz seines Bildnisses in Anspruch zu nehmen. Ob das beanstandete Verhalten als „unlautere Geschäftspraktik“ gegen §§ 1 und 2 UWG verstoße, wurde in der Entscheidung offen gelassen.

Die Beantwortung dieser noch offenen Frage holte der OGH in der nun vorliegenden Entscheidung nach:

§ 1 Abs 4 Z 8 UWG definiert den Begriff der beruflichen Sorgfalt als „den Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, bei dem billigerweise davon ausgegangen werden kann, dass ihn der Unternehmer gemäß den anständigen Marktgepflogenheiten in seinem Tätigkeitsbereich anwendet“. Darüber hinaus verweist Art 2 lit h RL-UGP noch auf den Grundsatz von „Treu und Glauben“ als rechtlichen Maßstab, der im Rahmen der richtlinienkonformen Interpretation ebenfalls zu berücksichtigen ist.

Gemäß Punkt 8.1. des „Ehrenkodex für die österreichische Presse“ dürfen bei der Beschaffung mündlicher und schriftlicher Unterlagen sowie von Bildmaterial keine unlauteren Methoden angewendet werden und Punkt 8.4. verlangt bei der Verwendung von Privatfotos die Zustimmung der Betroffenen, es sei denn, an der Wiedergabe des Bildes bestehe ein berechtigtes öffentliches Interesse. Laut Punkt 10.1. ist es in konkreten Fällen, insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens, notwendig, das schutzwürdige Interesse der Einzelperson an der Nichtveröffentlichung eines Berichts bzw Bildes gegen ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Veröffentlichung sorgfältig abzuwägen.

Die Veröffentlichung der Bilder von prominenten Sportlern – somit von Personen des öffentlichen Lebens – im Zusammenhang mit Eigenwerbung des Mediums kann jedenfalls nicht mit einem Interesse der Öffentlichkeit gerechtfertigt werden. Auch sonst ist kein schützenswertes Interesse der Beklagten ersichtlich, die Bilder prominenter Sportler – ohne deren Zustimmung – für Zwecke der Eigenwerbung zu nutzen. In sinngemäßer Anwendung der oben dargestellten Branchenusancen wäre nach den anständigen Marktgepflogenheiten daher vor der beanstandeten Veröffentlichung die Zustimmung der Abgebildeten zur Verwendung ihrer Bilder zu Werbezwecken einzuholen gewesen. Da dies nicht erfolgte, liegt somit eine Verletzung der beruflichen Sorgfalt seitens der Beklagten vor.

(Auch den Abgebildeten steht es unabhängig vom Lauterkeitsrechtsanspruch der Klägerin frei, ihre Rechte gegenüber der Beklagten geltend zu machen.)