OGH Entscheidung vom 17.7.2014, 4 Ob 117/14f

Sachverhalt:

Ein österreichisches Telekommunikationsunternehmen (Beklagte), das unter zwei Marken Telefondienstleistungen anbietet, sah in seinen AGB zunächst vor, dass Kunden ihre Rechnung per E-Mail oder als Papierrechnung erhalten konnten. Beide Varianten waren kostenlos. Zu einem späteren Zeitpunkt teilte die Beklagte ihren Kunden mit, dass ab nun Rechnungen nur noch elektronisch zugestellt werden, es sei denn, die Kunden würden widersprechen und eine Papierrechnung verlangen. Mehr Information, insbesondere zur Frist für ein solches Verlangen und zu allenfalls anfallenden Kosten, gab es nicht. Alle Kunden, die nicht ausdrücklich den Wunsch äußerten, weiterhin eine Papierrechnung zu bekommen, wurden nach einem Monat auf die elektronische Rechnung umgestellt. Ein besonderes Entgelt für eine Papierrechnung verlangt die Beklagte nicht.

Der VKI klagte und stütze sich insbesondere darauf, dass die beanstandeten Mitteilungen Vertragsformblätter seien, die gegen § 879 Abs 3 und § 864a ABGB, gegen § 6 Abs 1 Z 2 sowie Z 3 und § 6 Abs 3 KSchG sowie gegen § 25 und § 100 TKG verstießen. Die Beklagte habe ihren Kunden bisher Papierrechnungen übermittelt und greife nun einseitig in diese Vertragslage ein. Den Kunden werde kein Wahlrecht iSv § 100 TKG eingeräumt, sondern nur ein Widerspruchsrecht; sie müssten die ihnen aufgedrängte elektronische Rechnung aktiv abwählen. Es handle sich dabei um eine die Kunden nicht ausschließlich begünstigende Änderung der AGB, die – wenn überhaupt – nur im Verfahren des § 25 TKG erfolgen dürfte.

Entscheidung:

Das Erstgericht gab dem Begehren größtenteils Punkten statt. Die Mitteilungen auf den Papierrechnungen und auf den Internetseiten seien als Änderung der Geschäftsbedingungen der Beklagten zu qualifizieren, die sie allen bestehenden Verträgen einseitig zugrunde lege. Sie verstießen gegen § 100 TKG: Nach dessen Abs 1 müsse der Teilnehmer bei Vertragsabschluss zwischen einer Rechnung in elektronischer Form oder Papierform wählen können. Ein Recht des Telekommunikationsanbieters, nachträglich einseitig die Art der Rechnungsübermittlung zu ändern und dem Kunden lediglich ein Widerspruchsrecht einzuräumen, sehe das Gesetz nicht vor. Darüber hinaus verstoße das Vorgehen der Beklagten auch gegen § 25 Abs 3 TKG, da sie nicht auf das wegen der nicht ausschließlich begünstigenden Änderung der AGB bestehende Kündigungsrecht hinweise. Die Veröffentlichung in der Kronen Zeitung sei wegen der hohen Zahl der betroffenen Kunden angemessen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung in diesen Punkten.

Der OGH hielt zunächst fest, dass die beanstandeten „Mitteilungen“ über die Umstellung auf elektronische Rechnungen „allgemeine Geschäftsbedingungen“ bzw „Vertragsformblätter“ iSv § 28 KSchG sind, die neben die ursprünglich vereinbarten traten und sie in einem Punkt abändern sollten. Die einseitige Änderung der Bedingungen verstößt im Ergebnis gegen § 100 Abs 1 TKG. Das Wahlrecht der Kunden nach § 100 Abs 1 TKG steht einer vom Unternehmer einseitig mit Vertragsformblatt vorgenommenen Umstellung der Abrechnung von Papier- auf elektronische Rechnung auch dann entgegen, wenn Kunden diese Umstellung durch einen Widerspruch abwenden können.