OGH-Entscheidung vom 22.1.2024, 3 Ob 197/13m

Sachverhalt:

Der Kläger erbte ein beträchtliches Vermögen. Zwei Mitarbeiterinnen eines Berufsdetektivs überwachten den Kläger und dessen Familie (Ehefrau und zwei Kleinkinder). Sie brachten an seinem Pkw einen GPS-Peilsender an. Dem Kläger gelang es, die Beklagten auszuforschen.

Ein Strafverfahren wegen des Verdachts der beharrlichen Verfolgung gemäß § 107a StGB wurde eingestellt, nachdem die beklagten Parteien Unterlassungserklärungen abgaben. Ihren Auftraggeber gaben sie jedoch nicht bekannt.

In seiner vor allem auf § 16 ABGB und den systematischen Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte gestützten Klage, begehrte der Kläger von den Beklagten, ihm die Daten des/der Auftraggeber(in) betreffend die durchgeführte Überwachung seiner Person bekanntzugeben.

Entscheidung:

Während das Erstgericht der Klage statt gab, wies das Berufungsgericht die Klage ab. Aufgrund ihrer gesetzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit seien die beklagten Parteien gegenüber dem Kläger nicht verpflichtet, die Identität des Auftraggebers preiszugeben; eine Interessenabwägung habe nicht stattzufinden.

Auch der OGH verneinte einen Auskunftsanspruch. Aus der Begründung:

Aus § 16 ABGB wird das jedermann angeborene Persönlichkeitsrecht auf Achtung seines Privatbereiches und seiner Geheimsphäre abgeleitet. Dieses bietet Schutz sowohl gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person als auch gegen die Verbreitung rechtmäßig erlangter Information aus der und über die Geheimsphäre. Im Fall von Persönlichkeitsverletzungen leitet die Rechtsprechung aus § 16 ABGB Feststellungsansprüche sowie Abwehransprüche ab, nämlich Unterlassungsansprüche, Beseitigungs- bzw Vernichtungsansprüche und Entschädigungsansprüche.

Mit seiner auf Auskunft gerichteten Klage zielt der Kläger in erster Linie darauf ab, dass er mit der erlangten Auskunft in die Lage versetzt werde, einen Unterlassungsanspruch gegen den Auftraggeber der Überwachung geltend machen zu können. Fehlen einem Kläger jedoch prozesswichtige Informationen, liegt das Beschaffungsrisiko jedenfalls dann bei ihm, wenn das für eine erfolgreiche Prozessführung nötige Wissen bloß bei einem Dritten vorhanden ist.

Eine vertragliche Beziehung zwischen dem Kläger und den Beklagten liegt nicht vor, weshalb sich die begehrte Auskunftsverpflichtung aus gesetzlichen Rechtsgrundlagen ergeben müsste.Ein über einen Abwehranspruch hinausgehender Auskunftsanspruch (zur Vorbereitung eines Unterlassungsbegehrens) müsste sich – über § 16 ABGB und Art 8 EMRK hinausgehend – aus einer besonderen gesetzlichen Wertung ergeben, die darauf hinauslaufen müsste, dass zum Schutz von Persönlichkeitsrechten gegenüber jeder Person, von der „interessantes Wissen“ erwartet werden kann, ein Auskunftsanspruch besteht. Eine allgemeine Grundlage für einen solchen weitgehenden, prinzipiell gegen jedermann gerichteten Auskunftsanspruch ist jedoch nicht erkennbar. Die Vielzahl von gesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften (siehe beispielsweise auch § 130 Abs 5 GewO) steht der Annahme einer entsprechenden, in Richtung eines allgemeinen Auskunftsanspruchs gehenden gesetzlichen Wertung  entgegen.

Dazu kommt, dass Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche im weitesten Sinn auf die Abwehr von Eingriffen in eine geschützte Sphäre gerichtet sind. Der Kläger begehrt nun nicht bloß eine Abwehr, sondern – darüber hinausgehend – ein aktives Handeln der beklagten Parteien in Form einer Preisgabe von Wissen. Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass die beklagten Parteien dem Kläger gegenüber zum Schutz seiner privaten Sphäre verpflichtet wären. Das Bestehen einer solchen allgemeinen (außervertraglichen) Fürsorgepflicht ist allerdings nicht zu erkennen.

Insgesamt war der Auskunftsanspruch daher zu verneinen.