OGH-Entscheidung vom 21.11.2018, 1 Ob 190/18z

Sachverhalt:

Der Kläger vertreibt über das Internet gewerblich Eintrittskarten zu Veranstaltungen. Der Kläger schlug im Durchschnitt 35 % (und im Einzelfall bis zu 100 %) auf den Ticketpreis auf, obwohl er auf seiner Website bewusst unrichtig angab, sein Aufschlag betrage nur 20–30 %. Für Kunden war der ursprüngliche Ticketpreis beim Kauf nicht ersichtlich und sie konnten den ursprünglichen Preis erst nach Erhalt des Papiertickets, auf dem der Kläger auch als Vorverkaufsstelle seiner damaligen Vertragspartnerin namentlich bezeichnet war, erkennen.

Die beklagte Gesellschaft, deren Verkaufssystem er nutzte, kündigte – nach erfolglosem Ersuchen um Abhilfe und Rüge wegen intransparenter Preisgestaltung –  den Vertrag mit dem Kläger und sperrte seinen Zugang.

Den ersten geführten Rechtsstreit u.a. über die Feststellung, dass der Vertrag nach wie vor aufrecht sei, verlor der Kläger. Im Folgeverfahren begehrte er von seinem damaligen Rechtsvertreter aus dem Titel der Anwaltshaftung Schadenersatz. Dazu brachte er vor, er habe ihm bereits bei der ersten telefonischen Besprechung mitgeteilt, dass es sich bei diesem System um den einzigen Zugang für Karten für die Wiener Stadthalle handle und sehr viele Veranstaltungen nur über das System seines Vertragspartners gebucht werden könnten. Die Stellung seines ehemaligen Vertragspartners mache es Abnehmern wirtschaftlich praktisch unmöglich, ohne Zugang zu dessen Verkaufssystem zu existieren. Hätte es der Beklagte nicht pflichtwidrig unterlassen, die Unwirksamkeit der im Vorprozess angenommenen ordentlichen Kündigung wegen der marktbeherrschenden Stellung seines Vertragspartners (rechtzeitig) einzuwenden, hätte er den Prozess gewonnen.

Im ersten Verfahrensgang erläuterte der OGH, dass sich aus der marktbeherrschenden Stellung einer Vertragspartei die Notwendigkeit des Vorliegens sachlicher Gründe für eine Kündigung ergeben kann. Es sei zu prüfen, ob für die Kündigung rechtfertigende sachliche Gründe vorlagen.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht sahen in dem Verhalten des Klägers einen die Beendigung des Vertrags sachlich rechtfertigenden Grund. Der Kündigungsgrund sei objektiv nachvollziehbar und von der Rechtsordnung nicht verpönt. Die Beklagte habe ein anzuerkennendes Interesse an der Aufrechterhaltung ihres guten Rufs und an einem ungetrübten Verhältnis zu Veranstaltern und Endkunden.

Der OGH bestätigte diese Entscheidung; insbesondere weil feststand, dass der Kläger sein geschäftsschädigendes Verhalten bei Fortsetzung des aufgekündigten Vertrags nicht aufgegeben hätte. Darauf, ob im Vertrag alle wichtigen Gründe für die Vertragsauflösung (solche wurden im Vertrag beispielhaft umschrieben) ausdrücklich festgehalten wurden, kommt es nicht an. Es müssen (und können) doch nie alle nur denkbaren wichtigen Gründe, die die Vertrauensbasis zerstören können, konkret vorhergesehen und in Worte gefasst werden.