OGH-Entscheidung vom 20.5.2020, 4 Ob 61/20d

 

Sachverhalt:

Der Kläger hatte von der Beklagten einen Ofen mit Schiebetür gekauft. Als er diesen beheizen wollte, gab er Holz hinein, entfachte das Feuer und wollte die Schiebetüre wieder nach unten bewegen. Da sie spießte, wollte sie der Kläger wieder ganz öffnen. In diesem Moment zerriss das Glas, wodurch der Kläger am Arm verletzt wurde.

Die zu schmierenden Teile des Kamins lagen hinter einer Abdeckung verborgen, die der Kläger für nicht öffenbar hielt. Ihm war nicht bekannt, dass dort aneinanderreibende Teile zu warten waren. Eine Warnung dahingehend, dass bei unterlassener Schmierung nicht nur eine Schwerfälligkeit des Schiebeglases, sondern dessen plötzliches Bersten zu befürchten sei, wurde nicht erteilt.

Der Kläger begehrte die Zahlung von Schadenersatz von der Beklagten sowie Feststellung und stützte sich dabei auf das Produkthaftungsgesetz (PHG).

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte mittels Teilurteils die Abweisung des halben Zahlungs- und Feststellungsbegehrens und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung erhob die Beklagte Rekurs; sie beantragte, das Urteil erster Instanz wiederherzustellen. Der OGH befand den Rekurs für unzulässig. Aus der Begründung:

In der Rechtsprechung zu § 5 PHG werden drei Kategorien von Produktfehlern unterschieden: Konstruktionsfehler, Produktionsfehler und Instruktionsfehler. Im vorliegenden Fall ist die dritte Kategorie (Instruktionsfehler) relevant, insofern macht die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft. Im Rahmen seiner Instruktionspflicht hat der Hersteller den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produkts hinzuweisen, wenn die berechtigten Sicherheitserwartungen des idealtypisch durchschnittlichen Produktbenützers eine solche Warnung verlangen.

Das Bedienen des Schiebeelements war für sich genommen nicht gefährlich, sondern wurde es erst im Verlauf der Zeit, weil der Kläger aufgrund unzureichender Wartungshinweise das linke Gleitlager nicht geschmiert hatte. Der Produktfehler ergibt sich aus dem gänzlichen Fehlen einer Anweisung oder Gebrauchsanleitung oder aufgrund inhaltlicher Mängel der gelieferten Gebrauchsanleitung.

Im vorliegenden Fall wurde der Kamin von der Beklagten direkt an den Kläger verkauft. Die Beklagte konnte sich auch nicht darauf stützen, dass einem einbauenden Hafnerbetrieb eine Warnpflicht zugekommen wäre, denn es ist grundsätzlich zwischen der Pflicht des Herstellers zum Hinweis auf Gefahren, die sich bei der Benützung des Produkts ergeben können und aus einer fehlerhaften Montage des Produkts zu unterscheiden. Hier geht es jedoch um die laufende Wartung des Kamins, deren Unterbleiben zu einer besonderen Gefährlichkeit des Glasfensters führte. Die Wartung ist aber im laufenden Betrieb nicht von einem Hafner, sondern vom Endverbraucher vorzunehmen. Ein Schutzbedürfnis des Endverbrauchers ist dann gegeben, wenn der Produzent damit rechnen muss, dass sein Produkt in die Hände von Personen gerät, die mit den Produktgefahren nicht vertraut sind. Inhalt und Umfang der Instruktionen sind dann nach der am wenigsten informierten und damit gefährdetsten Benutzergruppe auszurichten.

Die Haftung nach dem PHG ist überdies verschuldensunabhängig.

Warnhinweise müssen klar und allgemein verständlich formuliert sein. Das spezielle Risiko ist in einer ganzen Tragweite möglichst eindrucksvoll zu schildern. Warnhinweise müssen umso deutlicher ausfallen, je größer das Ausmaß der potenziellen Schadensfolgen und je versteckter die Gefährlichkeit ist.

Zusammenfassend bestätigte der OGH die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagten ein haftungsbegründender Instruktionsfehler anzulasten sei.