EuGH-Urteil vom 22.9.2016, Rechtssache C‑223/15

Sachverhalt:

Die Combit Software GmbH aus Deutschland ist Inhaberin der deutschen Wortmarke und der Unionswortmarke „combit“ für Waren und Dienstleistungen des Informatikbereichs. Commit Business Solutions, eine Gesellschaft israelischen Rechts, verkauft über ihre Website „www.commitcrm.com“ in einer Vielzahl von Ländern mit dem Wortzeichen „Commit“ gekennzeichnete Software.  Ihre Verkaufsangebote waren in deutscher Sprache abrufbar, und die von ihr vermarktete Software konnte im Anschluss an einen Kauf nach Deutschland geliefert werden.

Als Inhaberin der Marken „combit“ erhob combit Software gegen Commit Business Solutions Klage vor dem Landgericht Düsseldorf. In erster Linie beantragte sie, Commit Business Solutions zu verpflichten, die Benutzung des Wortzeichens „Commit“ für die von ihr vermarktete Software in der Union zu unterlassen. Hilfsweise beantragte sie – gestützt auf die deutsche Marke, deren Inhaberin sie ist –, die genannte Gesellschaft zu verpflichten, die Benutzung dieses Wortzeichens in Deutschland zu unterlassen.

Das Landgericht Düsseldorf gab lediglich dem Hilfsantrag statt, die Benutzung dieses Wortzeichens in Deutschland zu unterlassen. Combit Software war der Ansicht, dass das Landgericht Düsseldorf die Benutzung des Wortzeichens „Commit“ in der gesamten Union hätte verbieten müssen und legte Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf beschloss, das Verfahren auszusetzen und den EuGH vorab entscheiden zu lassen, ob ein Unionsmarkengericht, wenn es feststellt, dass die Benutzung eines Zeichens in einem Teil des Unionsgebiets zur Gefahr von Verwechslungen mit einer Unionsmarke führt, während in einem anderen Teil dieses Gebiets keine solche Gefahr besteht, zu dem Schluss kommen muss, dass eine Verletzung des durch die Marke verliehenen ausschließlichen Rechts vorliegt, und die Benutzung des Zeichens für das gesamte Unionsgebiet untersagen muss.

Entscheidung:

Zunächst hielt der EuGH fest, dass eine Verwechslungsgefahr im deutschsprachigen Teil der Union das angerufene Gericht zu dem Schluss veranlassen musste, dass eine Verletzung des durch diese Marke verliehenen ausschließlichen Rechts vorliegt. Gelangt das Gericht zu dieser Feststellung, muss es die Fortsetzung der Handlungen, die die Marke verletzen oder zu verletzen drohen, verbieten. Um den einheitlichen Schutz zu garantieren, den die Unionsmarke im gesamten Unionsgebiet genießt, muss sich das Verbot von Handlungen, die die Marke verletzen oder zu verletzen drohen, grundsätzlich auf dieses ganze Gebiet erstrecken.

Das Gericht muss jedoch die territoriale Reichweite dieses Verbots begrenzen, falls es feststellt, dass die Benutzung des in Rede stehenden ähnlichen Zeichens für Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die die fragliche Unionsmarke eingetragen ist, in einem bestimmten Teil der Union insbesondere aus sprachlichen Gründen keine Verwechslungsgefahr hervorruft und dort die herkunftshinweisende Funktion der Marke somit nicht beeinträchtigen kann.

Die Feststellung des Fehlens einer Verwechslungsgefahr in einem Teil der Union kann sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nur auf eine Prüfung aller relevanten Umstände des Einzelfalls stützen. Die Beurteilung muss einen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht umfassen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.

Überdies muss der Teil der Union, für den das betreffende Gericht das Fehlen einer tatsächlichen oder möglichen Beeinträchtigung der Funktionen der Marke feststellt, von diesem Gericht genau bestimmt werden, damit dem ausgesprochenen Verbot der Benutzung des fraglichen Zeichens eindeutig zu entnehmen ist, welcher Teil des Unionsgebiets nicht von ihm erfasst wird. Will das Gericht bestimmte Sprachräume der Union, etwa die als „englischsprachig“ bezeichneten, vom Benutzungsverbot ausnehmen, muss es umfassend angeben, welche Gebiete dabei gemeint sind.