OGH-Entscheidung vom 20.1.2015, 4 Ob 259/14p

Sachverhalt:

Die Klägerin bezeichnet sich als „Schreibmedium“. Durch ihren Kontakt mit dem Jenseits werden ihr Mitteilungen und Antworten auf Fragen eingegeben, die sie sodann in einer „weltweit einzigartigen Weise“ niederschreibt. Diese Eingebungen werden ihr von den Wesen „Theobald“ kommuniziert.

Die Beklagten veröffentlichten ein Buch mit dem Titel „Unglaubliche Gesundheitsreisen“, in dem „Antworten“ von Theobald abgedruckt sind. Im Buch wurde der Name „Justinus“ als Pseudonym gewählt. Auch die Klägerin wird im Buch nicht mit ihrem bürgerlichen Namen erwähnt, sie trägt als Schreibmedium den Namen „Barbara“. Im Vorwort des Buches wird darauf hingewiesen, dass sämtliche in diesem Buch vorkommenden Namen geändert wurden.

Vor der Veröffentlichung des Buches haben die Beklagten wiederholt über die Klägerin bei „Theobald“ nachgefragt, ob, wie und bei welchem Verlag das Buch veröffentlicht werden soll. Zunächst ließ die Klägerin die Beklagten – via Theobald – wissen, dass das Buch unter ihrem Namen erscheinen und auch Theobald genannt werden soll. Drei Monate später teilte die Klägerin jedoch mit, dass keine Namen genannt werden sollen und es am Besten wäre, dazuzuschreiben, dass alle Namen verändert seien.

Die Klägerin erwähnte nie, dass sie als „Urheberin“ oder „Quelle“ genannt werden will. Die Klägerin erklärte auch mehrmals, dass sie im Buch nicht aufscheinen möchte. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin bestand der Eindruck, dass die Klägerin das Buch insgesamt genehmigt.

Dennoch war die Klägerin mit dem Endergebnis nicht einverstanden und klagte auf Unterlassung des Druckes und der Verbreitung bestimmter Textpassagen.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht ging zwar von der Klägerin als Urheberin und auch davon aus, dass die beanstandeten Textpassagen an sich urheberrechtlich geschützte Sprachwerke bildeten, sprach aber sämtlichen von der Klägerin erhobenen Ansprüchen deshalb die Berechtigung ab, weil die Klägerin mit der Veröffentlichung einverstanden gewesen sei, dem Beklagten also die Nutzungsbewilligung eingeräumt habe, und auch damit einverstanden gewesen sei, dass ihr Name nicht im Buch als Urheberin genannt werde.

Der OGH bestätigte diese Entscheidung.

Nach § 20 Abs 1 UrhG bestimmt der Urheber, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist, ob auf den Werkstücken und bei der öffentlichen Wiedergabe zum Ausdruck gebracht werden soll, wer es geschaffen hat, und ob das durch Angabe des wahren Namens oder eines Decknamens geschehen soll. Der Urheber hat damit auch das Recht, anonym zu bleiben. § 20 Abs 1 UrhG enthält insoweit die Befugnis, ein Namensnennungsverbot auszusprechen, das vom Nutzungsberechtigten beachtet werden muss und auch nachträglich ausgesprochen werden kann. Ob und wie der Urheber bezeichnet werden soll, kann Gegenstand einer – ausdrücklichen oder schlüssigen – Vereinbarung zwischen Urheber und Verwerter des Werks sein. Durch Vereinbarung kann auch auf eine Nennung verzichtet werden.

Im Hinblick auf die Erklärung der Klägerin ist es jedenfalls vertretbar, die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung dahin auszulegen, dass die Klägerin nicht nur mit der Veröffentlichung ihres Sprachwerks ohne Nennung ihres Namens als Urheberin, sondern auch damit einverstanden war, sowohl ihr persönlich als Schreibmedium als auch der von ihr behaupteten jenseitigen Auskunftsquelle „Theobald“ zwecks Anonymisierung einen anderen Namen zu geben. Die Änderung des Pseudonyms auf „Justinus“ sowie die Unterlassung der Namensnennung der Klägerin bzw Verwendung des Pseudonyms „Barbara“, sah der OGH als von der Parteienvereinbarung gedeckt an.