OGH-Entscheidung vom 18.11.2014, 4 Ob 148/14i
Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin der World-Bild-Gemeinschaftsmarke „FASHION ONE“ mit Priorität vom 30. November 2010, die für Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Fernsehprogrammen, Fernsehwerbung, Fernsehunterhaltungsdienste, auch über das Internet, etc eingetragen ist. Die Klägerin veranstaltet außerdem unter der Bezeichnung „Fashion TV“ ein Fernsehprogramm und verbreitet dieses über einen bestimmten Satelliten in Österreich und im ganzen Gebiet der Europäischen Union.
Die Beklagte betreibt via Satellit und teilweise per Kabelfernsehen ein „globales TV-Netzwerk“ und sendet unter der Bezeichnung „FASHION ONE“ und einem gleichnamigen Logo in Österreich und dem Unionsgebiet einen Modekanal.
Die Klägerin beantragte, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „FASHION ONE“ ein Mode-Spartenprogramm zu verbreiten. Es bestehe Verwechslungsgefahr.
Die Beklagte wendete ein, ihre Rechtsvorgängerin, die Fashion One (BVI) Ltd, habe das unterscheidungskräftige Firmenschlagwort „Fashion One“ und das gleichnamige Firmenlogo schon vor dem Prioritätsstichtag 30. November 2010 für ihr Mode-Spartenprogramm in der Europäischen Union und insbesondere auch in Österreich benutzt und damit ein gegenüber der Gemeinschaftsmarke der Klägerin älteres Kennzeichenrecht erworben. Die Erstausstrahlung sei bereits am 1. September 2010 unter Verwendung des Firmenschlagworts „Fashion One“ und des gleichnamigen Firmenlogos erfolgt. Die Ausstrahlung habe eine bedeutende österreichische Region abgedeckt, darunter Linz als Landeshauptstadt. Darüber hinaus habe bereits ab 1. August 2010 eine Empfangsmöglichkeit in der Europäischen Union einschließlich Österreichs über Satellit bestanden. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe bereits am 23. September 2010 die Domain www.fashionone.at, die den Nutzer auf www.fashionone.com weiterleite, registriert.
Entscheidung:
Das Erstgericht bejahte die Verwechslungsgefahr und erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Da die Beklagte nicht behauptet habe, dass ihr ein konkretes älteres Recht in einem anderen Europäischen Staat nach dessen Rechtsordnung zukomme, sei ihr Tatsachenvorbringen zu einer europaweiten Vorbenutzung unbeachtlich. Die Kabeleinspeisung in einer Teilregion eines Mitgliedstaats, selbst wenn Linz als eine der österreichischen Landeshauptstädte umfasst sei, entspreche nicht der Voraussetzung einer Kennzeichennutzung von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung. Die Website www.fashionone.at leite lediglich zur Website www.fashionone.com weiter, die in englischer Sprache gehalten und damit gerade nicht auf österreichische Nutzer ausgerichtet sei. Dies gelte auch für die Empfangsmöglichkeit des englischsprachigen Senders per Satellit.
Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche einstweilige Verfügung. Die Kabeleinspeisung des unter der Bezeichnung „Fashion One“ gesendeten Programms in einem Teilgebiet Oberösterreichs vermöge keine „mehr als lediglich örtliche Bedeutung“ des Kennzeichens iSd Art 8 Abs 4 GMV zu begründen. Es komme nicht nur auf die geographische Größe des jeweiligen Schutzbereichs an, sondern vor allem auf seine wirtschaftliche Bedeutung im Gesamtgefüge der Gemeinschaft. Das mit einer Domain verbundene Kennzeichenrecht entstehe nicht schon mit der Registrierung durch die zuständige Vergabestelle, sondern erst mit der Ingebrauchnahme. Das bloße Vorbringen der europaweiten Satellitenausstrahlung des Modekanals genüge nicht.
Der OGH erklärte den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten zur weiteren Klärung der Rechtslage für zulässig, aber nicht für berechtigt:
Um sich erfolgreich auf ein älteres Kennzeichenrecht iSd Art 8 Abs 4 GMV berufen zu können, müssen kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Zeichen muss im geschäftlichen Verkehr benutzt werden,
- von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sein,
- nach dem Recht des Mitgliedstaats erworben sein, in dem das Zeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke benutzt wurde, und schließlich muss es
- seinem Inhaber die Befugnis verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.
Derjenige, der sich auf sein älteres Kennzeichenrecht beruft, hat nicht nur zu beweisen, dass eine Benützung im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung wahrscheinlich ist, sondern vielmehr, dass eine hinreichend bedeutsame Benutzung tatsächlich stattgefunden hat. Beweise, welche sich auf bloße Vermutungen oder Wahrscheinlichkeiten stützen, sind insofern nicht ausreichend. Darüber hinaus hat der Beweis für jedes Gebiet, für das das Recht aus dem älteren Zeichen beansprucht wird, getrennt zu erfolgen. Verkaufs- und Werbekataloge etwa sind als Beweis dafür, dass eine Marke im geschäftlichen Verkehr hinreichend bedeutsam benützt worden ist, nicht ausreichend, wenn sie keinerlei Aussage über den Warenabsatz, den Marktanteil oder die Höhe des Warenumsatzes treffen.
Wendet man die dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung auf den vorliegend zu beurteilenden Fall an, ist die rekursgerichtliche Beurteilung nicht zu beanstanden. Dem Vorbringen der Beklagten ist nicht zu entnehmen, welche konkreten Umsätze ihre Werbetätigkeit hervorrief, etwa welche Inserateneinnahmen ihr zukamen oder auch welcher Anteil der angesprochenen Verkehrskreise von ihrer unter Verwendung des Zeichens behauptetermaßnahmen entfaltenten geschäftlichen Aktivität in welcher Form auch immer Kenntnis erlangte. Es lässt sich daher überhaupt nicht beurteilen, ob das von ihr ins Treffen geführte Zeichen in hinreichend bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr benutzt wurde.
Ob allein aus dem Umstand, dass die .com-Domain ausschließlich auf englisch abrufbar war, schon geschlossen werden kann, dass sich diese nicht an österreichische Nutzer richtet, erscheint allerdings zweifelhaft. Eine nähere Klärung ist aber in diesem Fall nicht erforderlich, weil bloße Auftritt im Internet allein nicht geeignet ist, ein Kennzeichen in der Weise bekannt zu machen, dass von einer wirtschaftlichen Bedeutung im Sinn der unionsrechtlichen Grundsätze gesprochen werden kann.
Die einstweilige Verfügung gegen die Beklagte wurde somit auch vom OGH bestätigt.