Interessante neue Entscheidungen zum Thema „eBay“ gibt es vom deutschen BGH:
Mitte November entschied der BGH einen Fall (VIII ZR 42/14), bei dem ein Auto von dessen Eigentümer zu einem Mindestgebot von EUR 1,00 angeboten wurde. Der tatsächliche Verkehrswert betrug jedoch ca. EUR 5.250,00. Eine Stunde nach Versteigerungsbeginn zog der Autoeigentümer sein Angebot zurück, da er anderweitig einen Käufer gefunden hatte. Zu diesem Zeitpunkt lag jedoch bereits ein Gebot über EUR 1,00 vor und vom Bieter wurde eine Preisobergrenze von EUR 555,55 festgesetzt. Der Bieter klagte daraufhin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des nach seiner Ansicht geschlossenen Kaufvertrags von einem Euro.
Das Thüringer Oberlandesgericht in Jena gab dem Kläger Recht und verurteilte den Eigentümer des Autos, Schadensersatz in Höhe von EUR 5.249,00 an den Bieter zu zahlen. Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Der Start der Auktion stelle ein Angebot dar, das der Bieter durch sein Gebot angenommen habe. Der Vertrag sei auch nicht wegen eines Missverhältnisses zwischen Kaufpreis und Fahrzeugwert nichtig, denn ein „Schnäppchen“ zu machen ist gerade für eBay-Versteigerungen typisch. Der Verkäufer könne sich durch ein Mindestgebot schützen. Versäume er dies, sei das kein Grund, dem Kaufvertrag die Wirksamkeit zu versagen.
Der BGH bestätigte diese Entscheidung.
In seiner Entscheidung vom 10.12.2014 (VIII ZR 90/14 ) befasste sich der BGH in einem ähnlich gelagerten Fall mit der Frage, unter welchen Umständen ein Anbieter eine noch länger als 12 Stunden laufende eBay-Auktion vorzeitig beenden und die angebotene Sache anderweitig veräußern kann, ohne sich gegenüber dem bis dahin Höchstbietenden schadensersatzpflichtig zu machen.
Der Beklagte bot auf eBay für die Dauer von zehn Tagen ein Stromaggregat zu einem Startpreis von EUR 1,00 an. Zwei Tage nach Beginn brach er die Auktion vorzeitig ab. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt zu dem Startgebot von EUR 1,00 Höchstbietender und begehrte, nachdem der Beklagte das Stromaggregat anderweitig veräußert hatte, Schadensersatz in Höhe des Wertes des Stromaggregats (EUR 8.500,00).
Versteigerung erfolgte auf der Grundlage der zu dieser Zeit maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay. Der Beklagte war der Ansicht, aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay die Auktion ohne weiteres abbrechen zu dürfen, da sie noch länger als 12 Stunden gelaufen wäre. Dort hieß es auszugsweise:
„§ 9 Nr. 11: Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind. Weitere Informationen. […]
- 10 Nr. 1 Satz 5: Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn, der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegende Geboten zu streichen.„
Der Link „Weitere Informationen“ in § 9 Nr. 11 führte u.a. zu folgenden Hinweisen:
„Wie beende ich mein Angebot vorzeitig?
Wenn Sie einen Artikel auf der eBay-Website einstellen, geben Sie grundsätzlich ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags über diesen Artikel ab und sind für die Angebotsdauer dieses Angebots gebunden. Es kann jedoch vorkommen, dass Sie ein Angebot vorzeitig beenden müssen, zum Beispiel, wenn Sie feststellen, dass Sie sich beim Einstellen des Artikels geirrt haben oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer ohne Ihr Verschulden beschädigt wird oder verloren geht.
Vor dem Beenden eines Angebots gilt:
- Vergewissern Sie sich, dass Ihr Grund für das Beenden des Angebots gültig ist. […]“
Im Weiteren hieß es unter anderem:
„Angebot läuft noch länger als 12 Stunden
Wenn das Angebot noch 12 Stunden oder länger läuft, können Sie es ohne Einschränkungen vorzeitig beenden. Wenn zum Zeitpunkt der Beendung des Angebots Gebote für den Artikel vorliegen, werden Sie gefragt, ob Sie die Gebote streichen oder den Artikel an den Höchstbietenden verkaufen möchten. […]“
Der BGH kam angesichts dessen zu dem Ergebnis, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von EUR 8.500,00 zusteht. Zwischen dem Kläger als Höchstbietendem und dem Beklagten ist ein Kaufvertrag über das Stromaggregat zum Preis von EUR 1,00 zustande gekommen.
Das Verkaufsangebot war aus Sicht des an der Auktion teilnehmenden Bieters dahin auszulegen, dass es nur unter dem Vorbehalt einer gemäß § 9 Nr. 11, § 10 Nr. 1 Satz 5 der eBay-AGB berechtigten Angebotsrücknahme stand. Keiner der dort benannten Gründe zur Rücknahme des Angebots lagen vor. Deshalb war das Angebot nicht unverbindlich. Denn aus den an § 9 Nr. 11 der eBay-AGB anknüpfenden „Weiteren Informationen“ lässt sich nicht entnehmen, dass ein Angebot ohne einen dazu berechtigenden Grund zurückgenommen werden darf. Das gilt auch dann, wenn die Auktion – wie hier – noch 12 Stunden oder länger läuft. Die „Weiteren Informationen“ sind lediglich als Ergänzung von § 9 Nr. 11 hinsichtlich der praktischen Durchführung der Angebotsrücknahme zu verstehen. Die – dem Geschäftsmodell einer eBay-Auktion zugrunde liegende – Bindung an das Angebot für die Dauer der Auktion soll dadurch nicht weiter eingeschränkt werden.