OGH-Entscheidung vom 17.12.2013, 4 Ob 149/13k

Sachverhalt:

Das Handelsunternehmen „Hartlauer“ veranstaltete im ersten Halbjahr 2012 ein Gewinnspiel, bei dem es der Ankündigung zufolge 1 Million Euro in bar zu gewinnen gab.

Das Gewinnspiel war u.a. wie folgt angekündigt:

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Das Gewinnspiel wurde mittels Prospekten, Katalogen, Aushängen im Inneren der Filialen sowie auch im Internet intensiv beworben.

Laut Teilnahmebedingungen konnten alle Kunden, die im Zeitraum von 1. August 2012 bis 31. Jänner 2013 bei Hartlauer in einem Geschäft eine Erstanmeldung, Vertragsverlängerung oder Datenkartenanmeldung bei den Marken T-mobile, Telering, A1, 3, Red Bull Mobile oder Orange durchführen, beim Handy-Gewinnspiel mitspielen, wenn diese Teilnahmebedingungen akzeptiert und eine Teilnahmeerklärung bei der Anmeldung unterschrieben wurde.

Zur Gewinnspiellogik: Aus allen möglichen 11 bzw. 12-stelligen Rufnummern (inkl. Vorwahl) wird die Gewinnnummer nur einmal mittels Drehrad wie folgt zufällig ermittelt. Zuerst wird die 4-stellige Vorwahl gezogen. […] Nach und abhängig von der gezogenen Vorwahl werden die restlichen Ziffern der Rufnummer ausgehend von der ersten Ziffer gezogen. […] Die Teilnehmerzahl ist mit 300.000 begrenzt. Die Ziehung erfolgt nur einmalig nach dem 31. 1. 2013 und wird am 13. 2. 2013 veröffentlicht. […] Besitzt einer der am Gewinnspiel teilnehmenden Personen die bei der Ziehung ermittelte Rufnummer, so erhält dieser Gewinner den Betrag von 1 Mio EUR in bar. […]“

Die mathematische Wahrscheinlichkeit, dass einer der auf 300.000 begrenzten maximalen Teilnehmer den Gewinn erhält, tendiert gegen 0 %: Die Wahrscheinlichkeit, dass aus den sechs möglichen Vorwahlen der Telefonbetreiber die Vorwahl eines Telefonbetreibers gewählt wird, ist 1/6, sodann gibt es bei den sechs Anbietern je 10 Mio Rufnummer-Kombinations-Möglichkeiten, woraus sich eine Wahrscheinlichkeit von 1,6 mal 10 hoch minus 8 und damit eine Wahrscheinlichkeit von 0,000000X % errechnet, dass im Rahmen des Gewinnspiels eine im Gewinnspiel-Zeitraum bei der Beklagten angemeldete oder verlängerte Handynummer gezogen wird.

Der Schutzverband gegen den unlauteren Wettbewerb sah in diesem Gewinnspiel eine unlautere Geschäftspraktik und klagte u.a. auf Unterlassung.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Der OGH lies die Revision zu und gab der Klage statt. Aus der Begründung:

Wegen des abschließenden Charakters der „schwarzen Liste“ unzulässiger Geschäftspraktiken kann die Ankündigung von Zugaben nur mehr dann untersagt werden, wenn sie einen Tatbestand des Anhangs zum UWG erfüllt oder im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. Ein Tatbestand des Anhangs zum UWG nach Z 19 (Anbieten von Preisausschreiben, ohne dass die beschriebenen Preise vergeben werden) oder nach Z 31 lit a (Erwecken des unrichtigen Eindrucks, der Verbraucher werde einen Preis gewinnen, obwohl es in Wirklichkeit keinen Preis gibt) liegt allerdings nicht vor. Der im Rahmen des angekündigten Gewinnspiels ausgespielte Preis kann ja – wenn auch nur mit äußerst geringer Wahrscheinlichkeit – tatsächlich gewonnen werden.

Eine Ankündigung ist nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen. Aber auch der blickfangartig herausgestellte Teil einer Ankündigung darf für sich allein nicht irreführend sein. Die angesprochenen Verbraucher werden dem als Blickfang besonders herausgestellten Teil der Ankündigung ohne jeden Zweifel entnehmen, dass sie bei Neuanmeldung oder Vertragsverlängerung im ausgelobten Aktionszeitraum „mit ihrer Handynummer eine Million EUR in bar gewinnen“ können. Dieses Verständnis entspricht zwar dem wahren Sachverhalt, gibt diesen aber in irreführender Weise nur unvollständig wieder:

Der maßgebliche Durchschnittsverbraucher erwartet im Fall der Ankündigung eines Gewinnspiels, dass der ausgelobte Preis jedenfalls einem Teilnehmer des Spiels zufällt. Diese Erwartung wird enttäuscht, wenn ihm verschwiegen wird, dass das Gewinnspiel nach seinen Regeln so gestaltet ist, dass der ausgelobte Gewinn mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 99,9 %, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, gar nicht vergeben wird, weil schon vor Beginn des Glücksspiels feststeht, dass nach den aufgestellten Regeln so gut wie sicher kein Teilnehmer die Gewinnspielbedingungen erfüllen wird.

Ein aufklärender Hinweis kann eine Täuschung durch eine – wie hier – blickfangartig umfassend formulierte und daher in ihrer Unvollständigkeit irreführungsgeeignete Werbeaussage nur verhindern, wenn er von den angesprochenen Verkehrskreisen auch wahrgenommen wird. Das setzt im Regelfall gleiche Auffälligkeit voraus. Im vorliegenden Fall wurde erst in dritter Linie und kleinerer Schrift auf die dem Gewinnspiel zu Grunde liegende „Gewinnspiellogik“ hingewiesen, aus der sich letztlich die wahre Gewinnchance auf Auszahlung des Preises errechnen lässt. Diese Aufklärung über die Gewinnspiellogik kann keinesfalls den selben Aufmerksamkeitswert beanspruchen wie der Blickfang und verhindert damit die Irreführung nicht.

Aus diesen Gründen hob der OGH die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und dem Klagebegehren schlussendlich statt.