Entscheidung des OPMS (Oberster Patent- und Markensenat) vom 24.10.2013, OBm 2/13

Sachverhalt/Vorentscheidungen:

Ein Autohersteller meldete die Marke PRIMERA als Wortmarke zur Registrierung im österreichischen Markenregister an. Die Marke sollte für Waren und Dienstleistungen der Klasse 12 geschützt werden: Automobile, Güterwagen, Lastkraftwagen, Lieferwagen, Gabelstapler, Zugmaschinen (Traktoren) und andere Nutzfahrzeuge sowie deren Bauteile, alle soweit sie in Klasse 12 enthalten sind.

Die Rechtsabteilung sowie die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes wiesen den Antrag, die Wortmarke PRIMERA in das Markenregister einzutragen, ab. Das angemeldete Zeichen bestehe aus dem für die beteiligten Verkehrskreise allgemein verständlichen spanischen Wort PRIMERA, das diese im Sinne von „erstklassig“ verstünden, zumal das denselben Wortstamm beinhaltende spanische Wort „prima“ mit dessen Bedeutung Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. Es liege nahe, dass die Verkehrskreise den werbenden Aussagegehalt des Wortes ohne Weiteres erfassten. Werbend anpreisende Ausdrücke seien jedoch nicht unterscheidungskräftig und nicht geeignet, von den Konsumenten für Waren oder Dienstleistungen irgendeiner Kategorie als betrieblichen Herkunftshinweis erkannt zu werden. Einen in solchen Fällen erforderlichen Verkehrsgeltungsnachweis habe die Anmelderin nicht erbracht.

Entscheidung:

Die Anmelderin erhob gegen diese Entscheidung Beschwerde und bekam Recht:

Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können.

Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar. Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor.

Ob einer Fremdsprache entnommene Begriffe Kennzeichnungskraft besitzen, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass erhebliche Teile des angesprochenen inländischen Verkehrs einen die Identifizierungsfunktion (Kennzeichnungsfunktion) ausschließenden Sinngehalt erkennen konnten.

Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht abzusprechen.

Maßgeblich für die Frage, wie ein Kennzeichen aufgefasst wird, ist das Verständnis eines angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann nicht unterstellt werden, dass überwiegende Teile der angesprochenen Verbraucherkreise in Österreich die Bedeutung des spanischen Wortes „primera“ kennen; blosse Assoziationen der Verkehrskreise mit einer romanischen Sprache (etwa mit dem Wortstamm „prima“) reichen nicht aus, dem breiten Publikum einen bestimmten eindeutigen Wortsinn zu erschließen. Davon abgesehen ist der allgemeine Begriff „erstklassig“ auch keine konkrete aussagekräftige Beschreibung der damit bezeichneten Waren.

Ist die angemeldete Marke demnach nicht geeignet, beim beteiligten Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über Art oder Eigenschaft der der damit bezeichneten Waren hervorzurufen, besitzt sie Unterscheidungskraft. Damit liegen keine Eintragungshindernisse gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG vor; die Marke ist schutzfähig.