OGH-Entscheidung vom 15.6.2016, 4 Ob 126/16g
Sachverhalt:
Die beklagte Partei ist Medieninhaberin der monatlich erscheinenden Zeitschrift „medizini“, deren Zielgruppe Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren ist. Die Zeitschrift wird über Apotheken verteilt und dort unentgeltlich abgegeben. In einer Ausgabe war folgendes Preisrätsel enthalten:
Der VKI klagte, weil er in der Aufforderung an Kinder, sich an einem Preisrätsel über Anruf einer Mehrwertnummer zu beteiligen, eine aggressive und als solche jedenfalls unlautere Geschäftspraktik sah. Jedes Entgelt, das über die „bloßen Telefonkosten“ hinausgehe, fließe der beklagten Partei zu. Kinder seien von ihr direkt angesprochen und dazu aufgefordert worden, sich an dem Preisrätsel zu beteiligen. Damit liege eine an Kinder gerichtete direkte Aufforderung vor, das beworbene Produkt zu kaufen, nämlich sich am entgeltlichen Preisrätsel zu beteiligen.
Gemäß Z 28 des Anhangs zum UWG gilt unter allen Umständen als unlauter: „Die Einbeziehung einer direkten Aufforderung an Kinder in der Werbung, die beworbenen Produkte zu kaufen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene zu überreden, die beworbenen Produkte für sie zu kaufen.“
Entscheidung:
Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Es sei zweifelhaft, ob überhaupt eine an Kinder gerichtete Kauf- oder Überredungsaufforderung anzunehmen sei. Es fehle am erforderlichen Produktbezug, weil die Kinder nicht aufgefordert würden, etwas Bestimmtes zu kaufen. Damit komme es nicht darauf an, dass das rätselinteressierte Kind an den Anrufgebühren geringfügig „beteiligt“ war. Auch diese Art von Spesenersatz mache die Teilnahme an dem Preisrätsel (mit Zustimmung der Eltern) nicht zu einem „Kauf“. Ein bloßer Aufwandersatz sei prinzipiell kein Entgelt. Kinder, die sich am Preisrätsel beteiligen, müssten nur einen Aufwandersatz leisten, egal ob sie 0,70 EUR für eine Postkarte oder 0,50 EUR für den Anruf ausgeben müssten. Der Umstand, dass die beklagte Partei im Anlassfall einen Teil der Telefonkosten erhalten habe, liege darin begründet, dass die beklagte Partei die Pauschalierung des Kostenersatzes vorweg vorgenommen habe, was zulässig sei. Der pauschalierte Aufwandersatz von 0,50 EUR sei daher kein Entgelt.
Der OGH bestätigte diese Entscheidung. Aus der Begründung:
Die Aufforderung muss auf den Abschluss eines entgeltlichen Geschäfts gerichtet sein. Eine entgeltliche Teilnahme an einem Preisausschreiben liegt nicht schon deshalb vor, weil die Kinder am Preisausschreiben neben der postalischen Teilnahme auch mit einem kostenpflichtigen Telefonanruf teilnehmen konnten.
Entgeltlichkeit folgt aus einer synallagmatisch, konditional oder kausal verknüpften Gegenleistung. Die nach § 917 ABGB für das Vorliegen eines entgeltlichen Vertrags erforderliche Vergeltung der Leistungen der beklagten Partei ist hier aber nicht gegeben. Die Teilnehmer am Preisausschreiben haben der beklagten Partei deren Leistung (= Veranstaltung des Preisausschreibens) nämlich nicht durch die von ihnen entrichteten Telefonkosten vergolten. Ein eigenwirtschaftliches Interesse der beklagten Partei an der telefonischen Teilnahme der angesprochenen Kinder lag hier nicht vor. Damit fehlte aber der für ein entgeltliches Geschäft erforderliche Grund für den Leistungsaustausch.
Nach gefestigter Rechtsprechung bzw eindeutiger Rechtslage ist im bürgerlichen Recht der Begriff des bloßen Aufwandersatzes (Aufwandentschädigung, Auslagenersatz etc) von einer Gegenleistung (= Entgelt) zu trennen. Für die Veranstaltung ihres Preisausschreibens verblieb der beklagten Partei nur ein geringer zweistelliger Eurobetrag (29,88 EUR), der die reinen Telefonkosten überstieg. Wegen der zulässigen Pauschalierung wurde die Teilnahme am Preisausschreiben nicht entgeltlich, zumal es der beklagten Partei weder möglich war, die Kosten ex ante genauer zu kalkulieren, noch sie jedem Teilnehmer ex post in der exakten Höhe vorzuschreiben.
Die Aufforderung an Kinder zur Teilnahme an einem Preisausschreiben, bei dem für den Teilnehmer ein Briefporto von 0,70 EUR oder pauschal kalkulierte Telefonkosten von 0,50 EUR anfallen, erfüllt somit nicht den Tatbestand des UWG Anh Z 28.
