OGH-Entscheidung vom 27.1.2016, 4 Ob 183/15p

Sachverhalt:

Die Klägerin produziert seit 1989 die TV-Serie „Die Simpsons“, in der Bier mit der fiktiven Bezeichnung „Duff“ konsumiert wird. Dieses Bier wird als klassisches Durchschnittsbier für den Durchschnittsamerikaner porträtiert. Die Serie und ihre Charaktere sind fast weltweit bekannt. Die Klägerin ist Inhaberin der 2009 angemeldeten Gemeinschaftsmarke „Duff“.

Die beklagte deutsche Gesellschaft ist unter anderem Inhaberin der deutschen Marke „Duff Beer“, die 1999 angemeldet wurde. Die gegen diese Marke gerichtete Löschungsklage der Klägerin wurde mit Urteil des (deutschen) BGH rechtskräftig abgewiesen. Die Beklagte brachte im März 2015 gegen die Verletzungsklage der Klägerin vom November 2014 Widerklage mit dem Urteilsbegehren ein, die Gemeinschaftsmarkenregistrierung für nichtig zu erklären.

Die Klägerin beantragte die einstweilige Verfügung, es der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr in Österreich unter Verwendung des Zeichens „Duff“ oder „Duff BEER“ oder eines anderen zur Klagsmarke verwechslungsfähigen Zeichens Bier herzustellen, zu bewerben oder anderwertig zur Kennzeichnung von Bier zu benützen (etc). Sie stützte sich hiebei auf ihr besseres Gemeinschaftsmarkenrecht.

Entscheidung:

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die Beurteilung der Rechtsgültigkeit einer Gemeinschaftsmarke sei im Sicherungsverfahren ausgeschlossen. Verwechslungsgefahr sei gegeben. Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung teilweise.

Der OGH wies den EV-Antrag der klagenden Parte schließlich ab. Aus der Begründung:

Der OGH sprach zunächst aus, dass der Einwand der Beklagten, wonach die Gemeinschaftsmarke der Klägerin wegen eines älteren Rechts der Beklagten für nichtig erklärt werden könnte, auch im Sicherungsverfahren zulässig sei.

Aus der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke und daraus, dass der Einwand des älteren Rechts sich nicht gegen die möglicherweise geografisch beschränkten Ansprüche als solche wendet, sondern darauf abzielt, dass die Gemeinschaftsmarke wegen eines älteren Rechts für nichtig erklärt werden könnte, folgt, dass der Verletzungsklage im Wege des Einwands nach Art 99 Abs 3 GMV gleichwohl ein älteres Recht entgegen gehalten werden kann, das nicht in dem von der Verletzungsklage einbezogenen Mitgliedstaat belegen ist. Das Einheitlichkeitsprinzip der GMV verlangt, dass die Gemeinschaftsmarke ein in allen Mitgliedstaaten geltendes Recht ist, dem als relatives Eintragungshindernis alle älteren nationalen Marken und sonstigen Kennzeichenrechte von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung entgegengehalten werden können. Die Durchsetzbarkeit der Rechte aus der Gemeinschaftsmarke hängt davon ab, dass solche älteren nationalen Rechte nicht entgegengehalten werden können. Diesem allgemeinen Grundsatz muss auch in einem Verletzungsverfahren vor einem nach Art 93 Abs 5 GMV international zuständigen Gericht Rechnung getragen werden. Ein Gemeinschaftsmarkengericht mit nach Art 94 Abs 2 GMV territorial beschränkter Kompetenz muss deswegen auf entsprechenden Nichtigkeitseinwand auch die Wirkungen älterer Rechte anderer Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaftsmarke prüfen.

Dass die ältere deutsche Marke auch den nur für Österreich auf die jüngere Gemeinschaftsmarke gestützten Unterlassungsansprüchen entgegen gehalten werden kann, steht die Möglichkeit der Umwandlung in eine nationale Marke im Sinn des Art 112 Abs 1 GMV nicht entgegen. Die ältere deutsche Marke stünde zwar der neuen österreichischen nicht entgegen (e contrario Art 112 Abs 2 lit b GMV), die anstelle der für nichtig erklärten Gemeinschaftsmarke über Antrag der Klägerin einzutragende österreichische Marke hätte gemäß Art 112 Abs 3 GMV auch die Priorität der Gemeinschaftsmarke, die österreichische Marke entstünde aber nicht rückwirkend wie die mit Wirkung ex tunc für nichtig erklärte Gemeinschaftsmarke, sondern gemäß § 2 Abs 1 MSchG erst mit ihrer Registrierung. Selbst wenn die Gemeinschaftsmarke und die im Wege der Umwandlung entstandene nationale Marke als dasselbe materielle Schutzrecht anzusehen sein sollten, entsteht das nach Löschung der Eintragung der Gemeinschaftsmarke allein noch in Betracht kommende Schutzrecht aus der nationalen Marke erst durch die Eintragung dieser Marke.

Da die klägerische Gemeinschaftsmarke aufgrund der prioritätsälteren deutschen Marke der Beklagten mit Wirkung ex tunc für nichtig erklärt werden könnte, vermag sie die erhobenen Unterlassungsansprüche nicht zu tragen. Die Ansprüche können auch nicht auf die allenfalls an ihre Stelle tretende, aber erst auf Antrag der Klägerin in der Zukunft einzutragende und daher noch nicht wirksame österreichische Marke gestützt werden.

Das klägerische Sicherungsbegehren war daher zur Gänze abzuweisen. (Auf gegenüber der deutschen Marke der Beklagten prioritätsältere Kennzeichen- oder Urheberrechte hat sich die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestützt. Diese wurden daher nicht geprüft.)