OGH-Entscheidung vom 17.11.2015, 4 Ob 168/15g

Sachverhalt:

Die klagende Partei ist Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“. Die Beklagte ist Medieninhaberin der ausschließlich gratis vertriebenen Tageszeitung „Heute“.

Die ÖAK wies für das zweite Halbjahr 2014 neben den klassischen Vertriebswegen auch Zahlen für sogenannte „ePaper“ aus. Nach der Definition der ÖAK wird unter einem „ePaper“ die „digitale Ausgabe eines Printmediums“ verstanden, die elektronisch verbreitet und an einem Bildschirm dargestellt wird. In den Auflagekategorien werden nur bezahlte Digitalausgaben gezählt.

Nur außerhalb der Auflagenkategorien werden auch sogenannte „ePaper Unique Clients“ in einer gesonderten Kategorie ausgewiesen. Unter einem „Unique Client“ wird das mobile Endgerät oder der Browser verstanden, mit dem der technische Zugriff auf „ePaper“ erfolgt. Die Zählung von „ePaper Unique Clients“ erfolgt nach sogenannten „PageImpressions“ (= Aufruf der Website durch den Nutzer).

Die elektronischen Produkte der beklagten Partei werden somit bei den Auflagenkategorien „Verkaufte Auflage“ und „Verbreitete Auflage“ nicht erfasst.

Die Beklagte warb mit folgender Eigenwerbung:

heuteepaper

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Medieninhaberin von „Österreich“ klagte auf Unterlassung. Die beanstandete Eigenwerbung sei irreführend, weil die beklagte Partei über keine Ausgabe verfüge, die die „ePaper“-Kriterien der ÖAK erfülle. Ihre Übersicht „E-Paper-Auflage“ vermische ohne ausreichende Aufklärung Zahlen aus zwei völlig unterschiedlichen Kategorien und verberge damit den wesentlichen Umstand, von der „ePaper“-Kategorie der ÖAK gar nicht erfasst zu sein und in Wahrheit über gar kein zu bezahlendes Digitalprodukt zu verfügen. Bei der Druckauflage würden Vergleichszahlen aus unterschiedlichen Kategorien vermischt. Die Behauptung der beklagten Partei, ihre Druckschrift sei der „Gewinner“ der ÖAK Erhebung 2/2014 und damit alle anderen Tageszeitungen Verlierer, sei unwahr, soweit die Druckauflage von „Heute“ in der Kategorie „Tageszeitung-Gratis“ mit der Druckauflage anderer periodischer Druckwerke der Kategorie „Tageszeitung-Kauf“ verglichen werde. Auch damit schaffe sie willkürlich der ÖAK unbekannte Auflagenkategorien, die zu einem verzerrenden Bild über die Stellung ihres Mediums am Zeitungsmarkt führten. Die in kleiner, unauffälliger Schrift gehaltenen aufklärenden Hinweise könnten an der Unlauterkeit der Täuschungen der Beklagten nach §§ 1, 2 und 2a UWG nichts ändern.

Entscheidung:

Die ersten beiden Instanzen erachteten die Werbung ebenfalls als irreführend iSd § 2 UWG. Die beklagte Partei vermenge ohne zureichende Aufklärung Zahlen aus unterschiedlichen Kategorien der ÖAK und täusche daher über ihre nicht vorhandene „ePaper“-Auflage ebenso wie über eine so nicht bestehende positive Veränderung ihrer Druckauflage. Die willkürliche Schaffung von Auflagenkategorien führe im Vergleich zu den Ergebnissen der ÖAK zu einem verzerrten Bild über die Stellung des Mediums am österreichischen Zeitungsmarkt und sei irreführend.

Der OGH stimmte vor allem deshalb zu, weil die ÖAK den Begriff des „ePaper“ deutlich definiert und dabei auch auf Erscheinungsweise und Erlösgrenze abstellt, wovon die Kategorie „ePaper Unique Clients“, die außerhalb der Auflagenkategorien und mit einer anderen Methode gezählt wird, klar zu unterscheiden ist. Durch die Bewerbung der Zeitung der beklagten Partei in einer Kategorie „E-Paper-Auflage“ mit eindeutigem Bezug zur ÖAK täuscht die beklagte Partei eine in Wahrheit nicht vorhandene gemeinsame ÖAK-Kategorie bezüglich der verschiedenen (und unterschiedlich erfassten) Produkte „ePaper“ und „ePaper Unique Clients“ vor. Der im Kleindruck gehaltene erklärende Hinweis auf die ÖAK-Kategorien ist nicht gleich auffällig wie die Werbeeinschaltung und vermag hier die Täuschung nicht zu verhindern.

Die Vorinstanzen sind auch zutreffend davon ausgegangen, dass die unrichtige Werbeaussage geeignet ist, den Interessenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Fehlangaben geeignet sind, die Auswahlentscheidung der Konsumenten oder Inseratenkunden zwischen den Medien der Streitteile in relevanter Weise zu beeinflussen.

Der Tageszeitung „Heute“ wurde es daher untersagt, im geschäftlichen Verkehr bei Herausgabe, Verlag, Bewerbung und/oder Vertrieb des periodischen Druckwerks „Heute“, Werte aus der österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) für „Heute“ anzuführen, die in der ÖAK nicht abgebildet sind, insbesondere zu behaupten, „Heute“ verfüge nach der ÖAK über eine e-paper-Auflage, und/oder das periodische Druckwerk ‚Heute‘ in der Kategorie e-paper-Auflage mit anderen Druckwerken zu vergleichen.