OGH-Entscheidung vom 22.9.2015, 4 Ob 85/15a

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Tageszeitung „Heute“. Die Beklagte ist Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“.

In einer Ausgabe warb „Österreich“ mit Daten aus der Media-Analyse; und zwar mit 1.699.000 Lesern pro  Woche* (WLK) & 722.000 Lesern pro Ausgabe. Im weiteren Werbetext wurde mehrmals auf eine gesteigerte Reichweite verwiesen, wobei diese „nicht signifikant“ sei. [Signifikant = innerhalb der Schwankungsbreite]

Die Beklagte stellte diese Eigenwerbung am selben Tag der Website www.defacto.at zur Verfügung. Besagter Artikel ist dort nach wie vor für registrierte Kunden gegen Entgelt elektronisch einsehbar und downloadbar. Die Website www.defacto.at bietet ein multimediales Online-Zeitungsarchiv mit Suchfunktion. Für den Inhalt der auf www.defacto.at abrufbaren Artikel ist das jeweilige Medienunternehmen verantwortlich, welches einen Text zur Veröffentlichung zur Verfügung stellt.

Die Medieninhaberin der Tageszeitung „Heute“ sah in der Eigenwerbung eine irreführende Geschäftspraktik, klagte daraufhin auf Unterlassung und beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Entscheidung:

Das Erstgericht erlies die beantragte EV. Das Rekursgericht bejahte zwar die Irreführungseignung der beanstandeten Geschäftspraktik, hob die EV jedoch aufgrund eines Verfahrensmangels auf.

In der Eigenwerbung werde zwar nominell angegeben, dass gewisse Veränderungen nicht signifikant seien, gleichzeitig würden aber die Veränderungen als tatsächlich geschehen hingestellt. Dies sei irreführend. Es sei aber noch zu prüfen, ob die Beklagte – wie sie behauptet – nicht über die Möglichkeit verfüge, die Inhalte der Website www.defacto.at (die beanstandete Eigenwerbung) zu ändern, zu korrigieren oder offline zu nehmen. Denn dann wäre die Erstellung der Eigenwerbung samt Übergabe an die Websitebetreiber eine Einzelhandlung mit Dauerwirkung und keine Dauerhandlung, sodass § 20 Abs 2 UWG nicht zur Anwendung käme und daher bereits Verjährung nach § 20 Abs 1 UWG vorläge.

Der OGH schloss sich zunächst den Ausführungen des Rekursgerichts über die Irreführungseignung der beanstandeten Geschäftspraktik an. Hinsichtlich der Verjährungsfrage führte der OGH aus, dass nach § 20 Abs 1 UWG die Verjährungsfrist für Unterlassungsansprüche nach dem UWG sechs Monate ab Kenntnisnahme von der Gesetzesverletzung und der Person des Verpflichteten beträgt. Nach § 20 Abs 2 UWG bleibt, solange ein gesetzwidriger Zustand fortbestehen, der Anspruch auf seine Beseitigung (§ 15) und auf Unterlassung der Gesetzesverletzung gewahrt. Die Verjährung eines Unterlassungsanspruchs nach dem UWG beginnt erst, wenn der das Gesetz verletzende Zustand aufhört. Kürzlich hat der OGH auch ausgesprochen, dass bei einer Einzelhandlung für die Verjährung deren Abschluss auch dann maßgebend ist, wenn der Eingriff noch Fortwirkungen zeitigt.

Zur Abgrenzung zwischen Einzelhandlungen mit Fortwirkungen und einem die Verjährung hemmenden Dauerzustand fehlt Rechtsprechung des OGH. Im vorliegenden Fall kam der OGH zu dem Ergebnis, dass es für das Vorliegen eines Dauerzustands iSv § 20 Abs 2 UWG erforderlich ist, dass der Verletzer die Möglichkeit hat, den lauterkeitswidrigen Zustand abzustellen. Dies setzt im Anlassfall voraus, dass es der Beklagten möglich sein muss, die sie betreffenden Inhalte der Website www.defacto.at (die beanstandete Eigenwerbung) zu ändern, zu korrigieren oder offline zu nehmen.