OGH-Entscheidung vom 16.12.2014, 4 Ob 209/14k

Sachverhalt:

Die Medieninhaberin der Gratis-Tageszeitung „Heute“ veröffentlichte in der Zeitschrift „Extradienst“ folgende Anzeige:

guterjournalismus

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Zeitschrift „Extradienst“ richtet sich als Fachzeitschrift an Werbeagenturen, Werbeabteilungen, Marketingleiter und Media-Planer; die Auflage beträgt 12.014 Stück.

Die Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“ klagte daraufhin und brachte einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein, wonach es der Beklagten verboten werden solle, sie im geschäftlichen Verkehr durch die Anzeige oder in sinngleicher Form herabzusetzen. Die Beklagte suggeriere, dass „Österreich“ im Vergleich zu „Heute“ aufgrund seines schlechten Journalismus ein Ladenhüter sei. Die in Wettbewerbsabsicht erfolgte Einschaltung sei daher unlauter im Sinne des § 1 UWG, da es sich um eine pauschale Herabsetzung ohne jegliche Sach- oder Produktinformation handle.

Entscheidung:

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Das Rekursgericht erließ wiederum die EV. Die Beklagte erhob dagegen außerordentlichen Revisionsrekurs, den der OGH für unberechtigt befand. Aus der Begründung:

Bei der beanstandeten Anzeige handelt es sich um vergleichende Werbung iSv § 2a UWG. Unter den Begriff der „vergleichenden Werbung“ fällt nach Art 2 lit c RL 2006/114/EG jede Werbung, „die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, erkennbar macht„.

Bei der hier beanstandeten Werbung trifft das zu. Die Beklagte stellt ihre Zeitung in zweifacher Weise in Bezug zu jener der Klägerin. Zunächst ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Wort und Bild, dass die Beklagte den besseren Journalismus biete. Denn „guter“ Journalismus steht danach „weder rechts noch links“, sondern in der Mitte; diese Positionen sind nach der Grafik aber eindeutig den beiden Zeitungen zugeordnet. Weiters lässt sich der Anzeige die Behauptung entnehmen, dass die Zeitung der Beklagten stärker nachgefragt werde als jene der Klägerin. Denn ihre Verteilerbox ist leer, während die beiden Boxen der Klägerin noch gut gefüllt sind.

Dieser Werbevergleich erfüllt nicht die Bedingungen des Art 4 RL 2006/114/EG und verstößt daher gegen § 2a UWG. Vergleichende Werbung ist nur zulässig, wenn sie einen objektiven Vergleich der Eigenschaften von Waren und Dienstleistungen sicherstellt, weshalb nur wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften verglichen werden dürfen und dieser Vergleich objektiv zu erfolgen hat. Damit sind Vergleiche ausgeschlossen, die sich allein aus einer subjektiven Wertung ihres Urhebers ergeben.

Im konkreten Fall wäre die beanstandete Werbung unproblematisch gewesen, wenn sie sich alleine auf den unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolg der beiden Zeitungen bezogen hätte, denn die Nachfrage nach einer Zeitung ist eine nachprüfbare Eigenschaft; sie wird durch die verbreitete Auflage und die Reichweite konkretisiert. Die Relevanz dieser Eigenschaft liegt für die im konkreten Fall angesprochene Werbebranche auf der Hand. Die angesprochenen Kreise sehen darin einen Hinweis auf die (unstrittig) höhere Reichweite der Zeitung der Beklagten und wohl auch eine subtile Anspielung auf den – in den angesprochenen Kreisen zweifellos bekannten – Versuch der Klägerin, einen wirtschaftlichen Erfolg allein aus der Höhe der Druckauflage abzuleiten.

Hätte die Werbung daher lediglich – wenn auch in ironischer Form – die höhere Nachfrage nach der Zeitung der Beklagten herausgestellt, wäre sie unbedenklich gewesen. Anders verhält es sich aber mit der (impliziten) Behauptung, die Zeitung der Beklagten biete „besseren Journalismus“ als jene der Klägerin. Eine solche Werbung steht gerade wegen der fehlenden Überprüfbarkeit in unlösbarem Widerspruch zum Objektivitätsgebot des Art 4 lit c RL 2006/114/EG. Eine solche Werbung wird unzulässig, wenn sie einen Bezug zu einem oder mehreren genanten oder erkennbaren Mitbewerbern herstellt, dem oder denen ausdrücklich oder implizit ein „schlechterer“ Journalismus unterstellt wird.

Das strenge Objektivitätsgebot des Art 4 lit c RL 2006/114/EG steht zwar in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Grundrecht der freien Meinungsäußerung iSv Art 10 EMRK und Art 11 GRC, das auch die kommerzielle Kommunikation schützt, allerdings ist nach der Rechtsprechung des EGMR im Lauterkeitsrecht grundsätzlich ein strengerer Maßstab zulässig als in anderen Lebensbereichen. Daher kann dieses Grundrecht im Allgemeinen eine Pauschalabwertung ebenso wenig rechtfertigen wie unwahre Tatsachenbehauptungen.