OGH-Entscheidung vom 20.1.2014, 4 Ob 115/13k:
Sachverhalt:
Ein Unternehmen bewarb ab 2007 unter der Bezeichnung „a*****Kombi“ ein Paket von Internet-, Mobiltelefon- und Festnetztelefondienstleistungen zu einem monatlichen Grundentgelt von 19,90 EUR, wobei sie gleichzeitig ankündigte, dass dieser Preis auf die Dauer der Vertragslaufzeit oder ein Leben lang gelten würde. Seit dem Frühjahr 2011 verrechnet das Unternehmen ihren Vertragspartnern, die dieses Paket gewählt haben, eine zusätzliche jährliche Internetservicepauschale von 15 EUR mit der Begründung, dass die Kunden dafür bestimmte Mehrleistungen erhalten würden.
Der VKI (Verein für Konsumenteninformation) klagte das Unternehmen daraufhin mit der Begründung, dass der Internetservicepauschale keine werthaltigen Leistungen gegenüberstünden. Durch die Verrechnung dieses zusätzlichen Entgelts verstoße das Unternehmen gegen die mit ihren Kunden geschlossenen Verträge, in denen sie auf derartige Preiserhöhungen verzichtet habe. Sie handle daher unlauter iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG.
Entscheidung:
Das Berufungsgericht gab der Klage statt. Der OGH lies die Revision des beklagten Unternehmens zu, befand sie jedoch für unberechtigt.
Aus der Begründung:
Wenn die Beklagte ihren Kunden trotz Werbung und in der Folge vertraglicher Zusage eines gleichbleibenden Grundentgelts während der Vertragslaufzeit ihres Kombi-Pakets weitere fixe Entgelte für nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen verrechnet, wie etwa eine Internetservicepauschale, liegt darin zunächst eine Irreführung iSv § 2 UWG. Diesbezüglich schlossen die Parteien auch einen Teilvergleich.
Zu der Frage, ob die Vorgangsweise der Beklagten auch als aggressive Geschäftspraktik iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG iVm § 1 Abs 3 Z 1 UWG und § 1a Abs 1 UWG zu beurteilen ist, hielt der OGH fest:
Gemäß § 1a Abs 1 UWG gilt eine Geschäftspraktik als aggressiv, wenn sie geeignet ist, die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung, oder durch unzulässige Beeinflussung wesentlich zu beeinträchtigen und ihn dazu zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Hier liegt das Aufdrängen einer nicht bestellten Leistung in Verbindung mit einer Entgelterhöhung vor. Die beanstandete Vorgangsweise der Beklagten – Erhöhung des Grundentgelts trotz der Zusage seiner betraglich unveränderten Beibehaltung – stellt daher (nicht nur eine Vertragsverletzung, sondern auch) eine aggressive Geschäftspraktik im Sinn von § 1a UWG dar.
Der Teilnehmer hat zwar gemäß § 25 Abs 3 TKG die Möglichkeit, den Vertrag bei Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen vorzeitig zu kündigen, jedoch ist eine derartige Kündigung von Internet-, Mobiltelefon- und Festnetztelefonieleistungen in der Regel mit Mühen und Unannehmlichkeiten (zB Unterbrechung der Internetverbindung, Verlust der bisherigen Telefonnummer, Notwendigkeit einer Neuinstallation der technischen Anwendungsmöglichkeiten) verbunden. Der Teilnehmer wird daher im Zweifel von einer Vertragskündigung Abstand nehmen. Er wird daher genötigt bzw durch die Ausnutzung der Machtposition der Beklagten dahingehend beeinflusst, am Vertrag festzuhalten. Diese wettbewerbliche Nötigung bzw unzulässige Beeinflussung durch die Ausnutzung einer Machtposition ist als aggressive Geschäftspraktik im Sinn von § 1a UWG zu qualifizieren.