BGH-Urteil vom 21. Januar 2021 – I ZR 120/19

 

Sachverhalt:

Der Kläger ist ein bekannter Fernsehmoderator. Die Beklagte bietet eine Programmzeitschrift an und unterhält zudem eine Internetseite sowie ein Facebook-Profil. Auf diesem Profil postete sie folgende Meldung: „+++ GERADE VERMELDET +++ Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen. Wir wünschen, dass es ihm bald wieder gut geht.“

Das Posting enthielt vier Bilder prominenter Fernsehmoderatoren, darunter ein Bild des Klägers, der der Verwendung seines Bildes nicht zugestimmt hatte. Beim Anklicken des Posts wurde der Leser auf das Internetangebot der Beklagten weitergeleitet, wo wahrheitsgemäß über die tatsächliche Erkrankung eines der drei anderen Fernsehmoderatoren berichtet wurde. Informationen über den Kläger fanden sich dort nicht.

Der Kläger forderte die Abgabe einer strafbewehrte Unterlassungserklärung. Die Beklagte kam dieser Forderung nach. Wegen der Nutzung seines Bildnisses brachte der Kläger überdies eine Klage auf Zahlung einer angemessenen fiktiven Lizenzgebühr ein, mindestens jedoch EUR 20.000.

 

Entscheidung:

Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von EUR 20.000. Der BGH wies die Revision der Beklagten zurück. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr für die Nutzung seines Bildnisses zu. Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher – vermögensrechtlicher – Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Da der Kläger von der redaktionellen Berichterstattung in dem verlinkten Artikel selbst nicht betroffen war, verwendete die Beklagte sein Bildnis allein zu dem Zweck, die Aufmerksamkeit der Leser auf ihr Presseerzeugnis zu lenken. Eine solche Nutzung des Bildnisses des Klägers als „Clickbait“ („Klickköder“) ohne redaktionellen Bezug zu ihm greift in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt seines Rechts am eigenen Bild ein. Dieser Eingriff ist rechtswidrig. Eine Einwilligung des Klägers lag nicht vor.

Die Beurteilung, ob das Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist und damit ohne Einwilligung des Abgebildeten genutzt werden darf, erfordert eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Die Interessen des Klägers überwiegen in diesem Fall. Das Posting bewegte sich – bezogen auf den Kläger – an der Grenze zu einer bewussten Falschmeldung und damit allenfalls am äußersten Rand des Schutzbereichs der Pressefreiheit. Die erzielten Werbeeinnahmen, die der Finanzierung der journalistischen Arbeit dienen, rechtfertigen es nicht, das Bildnis einer prominenten Person für eine Berichterstattung zu nutzen, die keinen inhaltlichen Bezug zu ihr aufweist. Der Kläger muss nicht hinnehmen, dass sein Bildnis von der Presse unentgeltlich zur Werbung für redaktionelle Beiträge eingesetzt wird, die ihn nicht betreffen.

Bei Bemessung der zu zahlenden fiktiven Lizenzgebühr mit EUR 20.000 wurde der ganz überragenden Markt- und Werbewert und die außergewöhnlich hohe Beliebtheit des Klägers berücksichtigt. Bedeutend war auch der Umstand, dass die Beklagte eine Krebserkrankung des Klägers als möglich in den Raum gestellt hat.

 

 

BGH-Urteil vom 21. Januar 2021 – I ZR 207/19

 

Sachverhalt:

Der Kläger ist Schauspieler und spielte jahrelang in der ZDF-Serie „Das Traumschiff“ den Kapitän. Die Beklagte verlegt unter anderem eine Sonntagszeitung.  In einer Ausgabe erschien unter der Überschrift „Gewinnen Sie Bares und eine Traumreise“ ein Artikel zur Aktion „Urlaubslotto“. Unterhalb der Überschrift befand sich ein Foto des Klägers als Kapitän mit zwei anderen Schauspielern der Serie in ihren jeweiligen Rollen. Das Foto nahm etwa ein Drittel des Artikels ein und wurde durch eine Bildunterschrift ergänzt, in der auch der Name des Klägers genannt war. Unterhalb des Fotos wurde das „Urlaubslotto“ erläutert.

Der Kläger klagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Erstattung von Abmahnkosten und Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr.

 

Entscheidung:

Das Landgericht gab der Klage durch Teilurteil statt. Das Berufungsgericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Der BGH wies die Revision der Beklagten überwiegend zurück. Lediglich hinsichtlich des Auskunftsanspruchs wies der BGH die Klage ab.

Zum Unterlassungsanspruch führte der BGH aus, dass die Beklagte in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild des Klägers eingegriffen hat. Die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher – vermögensrechtlicher – Bestandteil des Persönlichkeitsrechts. Ein Eingriff in dieses Recht folgt im Streitfall bereits daraus, dass die Verwendung des Fotos zu einem gewissen Imagetransfer vom Kläger in seiner beliebten Serienrolle auf den Hauptgewinn des Preisausschreibens der Beklagten geführt hat. Dieser Eingriff ist rechtswidrig. Eine Einwilligung des Klägers lag nicht vor. Die vorzunehmende Interessenabwägung fiel zugunsten des Klägers aus.

Zu Gunsten der Beklagten war lediglich zu berücksichtigen, dass sie ein Foto genutzt hat, das auch als Symbolbild für eine Kreuzfahrt im Sinne einer „Traumreise“ steht und sich dadurch teilweise von der Person des Klägers gelöst hat. Dies führt jedoch nicht dazu, dass das Foto – selbst in einem redaktionellen Kontext – schrankenlos für die Bebilderung einer Kreuzfahrt genutzt werden darf. Die Veröffentlichung des Bildnisses war nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Die Beklagte hat ihr Gewinnspiel dadurch aufgewertet, dass sie eine gedankliche Verbindung zwischen dem ausgelobten Hauptpreis einer Kreuzfahrt und der Fernsehserie „Das Traumschiff“ hergestellt hat. Der Unterlassungsanspruch war daher zu bejahen.

Ein Anspruch auf Auskunft über die Druckauflage steht dem Kläger jedoch nicht zu. Zur Bezifferung seines Anspruchs könne er sich auf die im Internetauftritt der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) verfügbare Durchschnittsauflage des maßgeblichen Zeitraums stützen.

 

Quelle: Pressemitteilungen des Bundesgerichtshofs vom 21.1.2021