EuGH-Urteil vom 17.12.2020, Rechtssache C‑667/19

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, Inhaberin eines polnischen Schönheitssalons, kaufte kosmetische Mittel eines amerikanischen Herstellers bei dem beklagten Vertriebsunternehmen. Auf der Verpackung der Produkte befanden sich der Name des verantwortlichen Unternehmens, der Originalname des kosmetischen Mittels, seine Zusammensetzung, sein Verfallsdatum und seine Seriennummer sowie ein Symbol, das eine Hand mit einem aufgeschlagenen Buch darstellte und auf den Katalog in polnischer Sprache verwies.

Die Klägerin löste den Kaufvertrag wegen Mängeln der kosmetischen Mittel auf und machte geltend, dass auf der Verpackung keine Informationen in polnischer Sprache zum Verwendungszweck vorhanden seien. Die Beklagte entgegnete, dass das Symbol, das eine Hand mit einem aufgeschlagenen Buch darstelle, den Endverbraucher auf eine Packungsbeilage verweise; im vorliegenden Fall auf einen in polnischer Sprache verfassten Katalog, der jedem Mittel beigefügt sei.

Das Bezirksgericht Warschau setzte das Verfahren aus und legte es dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

 

Entscheidung:

Der EuGH wies eingangs darauf hin, dass mit der Verordnung Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel die Rechtsvorschriften in der EU umfassend harmonisiert werden sollen, um zu einem Binnenmarkt für kosmetische Mittel zu gelangen und zugleich ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten.

Die in Art. 19 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung vorgesehene Anforderung, auf den Behältnissen und Verpackungen kosmetischer Mittel unverwischbare, leicht lesbare und deutlich sichtbare Angaben zum Verwendungszweck anzubringen, kann nicht allein auf die Angabe der verfolgten Zwecke beschränkt werden, d. h. zu reinigen, zu parfümieren, das Aussehen zu verändern, Teile des menschlichen Körpers zu schützen oder den Körpergeruch zu beeinflussen. Angaben müssen den Verbraucher in die Lage versetzen, sich umfassend über die Anwendung und Verwendungsweise zu informieren. Diese dürfen auch nicht mit „Werbeaussagen“ verwechselt werden. Art und Umfang der Informationen über den Verwendungszweck des kosmetischen Mittels sind im Einzelfall unter Berücksichtigung der mutmaßlichen Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen. Dieser ist so zu informieren, damit er nicht in die Irre geführt wird und es so verwendet, dass seine Gesundheit nicht beeinträchtigt wird.

Nach Art. 19 Abs. 2 der Verordnung müssen die in Abs. 1 Buchst. d und g genannten Angaben zu den besonderen Vorsichtsmaßnahmen und den Bestandteilen „auf einem dem kosmetischen Mittel beigepackten oder an ihm befestigten Zettel, Etikett, Papierstreifen, Anhänger oder Kärtchen“ aufgeführt werden, wenn es aus praktischen Gründen nicht möglich ist, sie auf dem Etikett zu kennzeichnen. Der EuGH führte aus, dass zwischen der Angabe zum Verwendungszweck des kosmetischen Mittels und den Angaben zu den Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch und zu den Bestandteilen zu unterscheiden ist, da nur die letztgenannten Angaben auf einem anderen Träger als dem Etikett des Mittels erscheinen dürfen.

Der Verweis auf einen „separaten Firmenkatalog, der mehrere Produkte enthält“, wie derjenige, der beim Verkauf der in Rede stehenden kosmetischen Mittel zur Verfügung gestellt wurde, ist wohl nicht mit den Bestimmungen der Verordnung vereinbar. Ein gesondert zur Verfügung gestellter Firmenkatalog, ist einem bestimmten Produkt nicht beigelegt oder an diesem befestigt. Außerdem ist ein externer Träger nur dann zulässig, wenn es „aus praktischen Gründen“ nicht möglich ist, die Angaben auf dem Etikett zu kennzeichnen.

Die Notwendigkeit, bestimmte Informationen zu übersetzen und das Mittel neu zu kennzeichnen oder selbst neu zu verpacken, stellten für den EuGH keine praktische Unmöglichkeit dar, sie auf dem Etikett zu kennzeichnen. Die Kosten, die durch eine neue Kennzeichnung dieser Mittel entstehen, können in keinem Fall als Rechtfertigungsgrund für eine unvollständige Kennzeichnung angesehen werden.

Schlussendlich kam der EuGH daher zu dem Ergebnis, dass die Angaben zu den besonderen Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch des kosmetischen Mittels, zu seinem Verwendungszweck und zu seinen Bestandteilen nicht in einem Firmenkatalog vermerkt werden können, auf den das Symbol einer Hand mit einem aufgeschlagenen Buch, das auf der Verpackung oder dem Behältnis des Mittels angebracht ist, verweist.