BGH-Urteil vom 10.12.2020 – I ZR 153/17

Sachverhalt: 

Die Klägerin ist eine Filmverwerterin. Die Beklagte betreibt die Internetplattform „YouTube“. Beim Hochladen von Videos auf „YouTube“ müssen sich Benutzerinnen und Benutzer registrieren und dabei zwingend ihren Namen, eine E-Mail-Adresse und ein Geburtsdatum angeben. Für die Veröffentlichung eines Videos von mehr als 15 Minuten Länge muss außerdem eine Telefonnummer angegeben werden. Ferner müssen die Nutzer in die Speicherung von IP-Adressen einwilligen. Die Filme „Parker“ und „Scary Movie 5“ wurden in den Jahren 2013 und 2014 von drei verschiedenen Nutzern auf „YouTube“ hochgeladen. Die Klägerin macht exklusive Nutzungsrechte an diesen Filmwerken geltend.

Die Klägerin machte vor Gericht ihren Anspruch auf Auskunftserteilung geltend. Konkret stand in Frage, ob die Klägerin Ansprüche auf Auskunft über die E-Mail-Adressen, die Telefonnummern und diejenigen IP-Adressen hat, die für das Hochladen der beiden Filme und für den letzten Zugriff auf die Konten der Benutzer genutzt wurden.

 

Entscheidung:

Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg. Der BGH setzte das Verfahren im Februar 2019 aus und legte es dem EuGH vor (dessen Entscheidung hier im Blog nachzulesen ist).

Der BGH hat der Revision der Beklagten nunmehr stattgegeben und die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der Auskunftsanspruch über „Namen und Anschrift“ im Sinne des § 101 Abs. 3 Nr. 1 dUrhG schließt die Auskunft über E-Mail-Adressen und Telefonnummern der Nutzer der Dienstleistungen nicht ein. Er umfasst auch nicht die Auskunft über die für das Hochladen rechtsverletzender Dateien verwendeten IP-Adressen oder die von den Nutzern der Dienstleistungen zuletzt für einen Zugriff auf ihr Benutzerkonto verwendeten IP-Adressen.

Der Begriff „Anschrift“ im Sinne von § 101 Abs. 3 Nr. 1 dUrhG deckt sich mit dem Begriff „Adressen“ in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG. Diese Richtlinienvorschrift ist nach dem erwähnten Urteil des EuGH dahin auszulegen, dass der darin genannte Begriff „Adressen“ sich, was einen Nutzer anbelangt, der durch das Hochladen von Dateien ein Recht des geistigen Eigentums verletzt hat, nicht auf die E-Mail-Adresse und Telefonnummer dieses Nutzers sowie die für das Hochladen dieser Dateien genutzten IP-Adresse oder die bei seinem letzten Zugriff auf das Benutzerkonto verwendete IP-Adresse bezieht. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Umfangs der Auskunft in § 101 Abs. 3 Nr. 1 dUrhG über die Regelung in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG hinausgehen wollte. Danach ist eine weitere (dynamische) Gesetzesauslegung durch den Senat ebenso ausgeschlossen wie eine analoge Anwendung von § 101 Abs. 3 Nr. 1 dUrhG. Ein über die Auskunft von „Namen und Anschrift“ im Sinne von § 101 Abs. 3 Nr. 1 dUrhG hinausgehender Auskunftsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem allgemeinen Auskunftsanspruch nach § 242 dBGB.

 

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 10.12.2020