OGH-Entscheidung vom 20.10.2020, 4 Ob 156/20z

Sachverhalt:

Die Streitteile sind im Lebensmittelhandel tätig. Die Beklagte vertreibt unter anderem   Fleischprodukte, die nicht aus Österreich stammen. In Flugblättern bewarb sie Fleischprodukte mit der Ankündigung „100 % RIND, SCHWEIN UND HENDL AUS ÖSTERREICH“.

Der Klagsvertreter forderte die Beklagte außergerichtlich auf, schriftlich zu bestätigen, dass sie ab sofort die beanstandete Ankündigung oder gleichsinnige Ankündigungen unterlasse, wenn sie nicht tatsächlich Rind, Schwein und Hendl ausschließlich österreichischer Herkunft anbiete und vertreibe. Die Beklagte antwortete, dass auf die Flugblätter für die KW 19 und 20 kein Einfluss mehr genommen werden könne; ab der KW 21 werde die Werbung korrekt sein. Die Abgabe einer Unterlassungserklärung sei im Lebensmittelhandel nicht üblich.

Die Werbungen für die folgenden Kalenderwochen waren in weiterer Folge mit einem fast nicht leserlichen Zusatzhinweis versehen. Der Klagsvertreter wiederholte daher seine Forderung, erhielt jedoch eine gleichförmige Antwort der Beklagten. Der Beklagtenvertreter übermittelte schließlich eine „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ die für alle Werbungen ab Kalenderwoche 21 gelten solle.

Das in der KW 21 aufgelegte Flugblatt enthielt erneut eine Ankündigung, die die Klägerin als irreführend beanstandete. Die Klägerin beantragte daher die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und klagte u.a. auf Unterlassung.

Entscheidung:

Das Erstgericht wies das Sicherungsbegehren ab, weil es der Ansicht war, dass durch das ab der KW 21 ausgegebene Flugblatt weder Wiederholungsgefahr noch eine Irreführung des Durchschnittslesers begründet werde. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin wiederum Folge und erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Beklagten hatte keinen Erfolg und wurde vom OGH zurückgewiesen.

Der OGH bejahte das Vorliegen von Wiederholungsgefahr (als Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch) und fasste seine bisherige Rechtsprechung dahingehend zusammen, dass die ernste Besorgnis weiterer Eingriffe in die vom Berechtigten behaupteten Rechte genügt. Zudem wird nach einer erfolgten Verletzungshandlung die Wiederholungsgefahr grundsätzlich vermutet. Die Behauptungs- und Beweislast für den Wegfall der Wiederholungsgefahr trifft den Verletzer. Der Wegfall der Wiederholungsgefahr wird in der Regel nur dann angenommen, wenn der Verletzer einen den gesamten Unterlassungsanspruch (samt dem berechtigten Veröffentlichungsanspruch) umfassenden, an keinerlei Bedingungen und Einschränkungen geknüpften gerichtlichen Unterlassungsvergleich anbietet bzw abschließt und nach den Umständen keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seiner Willensänderung bestehen. Der Kläger muss alles das erhalten, was er durch ein seinem Begehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können. Demgegenüber reicht die Abgabe einer bloß außergerichtlichen Unterlassungserklärung, von künftigen Störungen Abstand nehmen zu wollen, nach der Rechtsprechung im Allgemeinen dann nicht aus, wenn die Erklärung unter dem Druck des drohenden Prozesses abgegeben wurde oder der Beklagte im Prozess ein zwiespältiges Verhalten zeigt.

Bei bloßen – selbst strafbewehrtenUnterlassungserklärungen ist die Rechtsprechung zurückhaltend. Solche Erklärungen reichen nur in Ausnahmefällen aus, in denen an der eigenen Einsicht und am künftigen Wohlverhalten des Beklagten auch nicht die geringsten Zweifel bestehen. Dafür ist im Allgemeinen vorausgesetzt, dass der Beklagte sich vom Verstoß unverzüglich ernsthaft distanziert, die als gesetzwidrig erkannte Tätigkeit unverzüglich einstellt und geeignete Maßnahmen zur Verhinderung künftiger gleichartiger Vorfälle ergreift, den allfälligen Schaden noch vor dem Prozess gutmacht und die Prozessführung unter vorbehaltsloser Anerkennung des Rechtsstandpunkts des Klägers auf die Frage der Wiederholungsgefahr beschränkt.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Abgabe der verlangten Erklärung zunächst verweigert und schlussendlich erst verspätet abgegeben. Außerdem hat sie die Unterlassungserklärung – ungeachtet der inhaltlichen Änderungen – zeitlich für Werbungen ab der KW 21 begrenzt und damit eingeschränkt. Ausgehend von dieser Sachlage hielt sich die Beurteilung des Rekursgerichts im Rahmen der Rechtsprechung; der Revisionsrekurs der Beklagten wurde daher vom OGH zurückgewiesen.

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Nichts anderes gilt im Übrigen für unzureichende Unterlassungserklärungen bei Urheberrechtsverletzungen, wie hier im Blog berichtet.