OGH-Entscheidung vom 25.5.2020, 1 Ob 70/20f

 

Sachverhalt:

Der Beklagte ist Gemeinderat. In der Gemeinderatssitzung sagte er, der Kläger sei „7 Jahre weg ein Querulant“ bzw „ein Querulant der die Blumentröge nicht wegmacht“. Der Kläger begehrte vor Gericht – gestützt auf § 1330 ABGB – den Widerruf dieser Behauptungen, denen jahrelange Meinungsdifferenzen zwischen der Gemeinde und dem Kläger vorangegangen seien.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies die Klage ab. Die beanstandete Aussage sei als ein – keinem Wahrheitsbeweis zugängliches – Werturteil zu qualifizieren, auf dessen Widerruf kein Anspruch bestehe. Das Berufungsgericht hob das Urteil sowie das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Die inkriminierte Bemerkung sei in Zusammenhang mit einer hoheitlichen Aufgabe gestanden, sodass für die Klage der Rechtsweg im Sinn des § 9 Abs 5 AHG unzulässig sei.

Der OGH befand den dagegen erhobenen Rekurs des Klägers für zulässig, jedoch nicht berechtigt. Aus der Begründung:

Organe im Sinn des §1 Abs 2 AHG sind alle Personen, wenn sie in Vollziehung der Gesetze handeln. Der Beklagte fällt in seiner Eigenschaft als Gemeinderatsmitglied zweifellos unter diese Organdefinition. Ist eine Aufgabe hoheitlicher Natur, sind auch alle mit ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltensweisen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen, wenn sie nur einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen.

Die dem Beklagten vorgeworfene Aussage stand den Feststellungen zufolge in einem engen inneren sowie äußeren Zusammenhang mit dessen hoheitlicher Tätigkeit als Gemeinderatsmitglied. Denn die Wortmeldung erfolgte im Zuge der Diskussion zur beabsichtigten Erlassung einer Verordnung. Die Debatte, in welcher der Beklagte den Kläger als „Querulant“ bezeichnet hatte, diente der Vorbereitung der Beschlussfassung des Gemeinderats über die Erlassung einer Verordnung und ist daher dessen Hoheitsbereich zuzuordnen.

An einem Handeln in Vollziehung der Gesetze würde es hingegen fehlen, wenn eine schädigende Handlung nur „bei Gelegenheit“ bzw „aus Anlass“ der Ausübung öffentlicher Gewalt begangen wurde.