BGH-Beschlüsse vom 23. Juli 2020 – I ZB 42/19 und I ZB 43/19

 

Sachverhalt:

Für die Markeninhaberin sind seit 1996 und 2001 zwei dreidimensionale Formmarken als verkehrsdurchgesetzte Zeichen für die Ware „Tafelschokolade“ registriert. Sie zeigen in zwei verschiedenen Größen jeweils die Vorderseite und die Rückseite einer Verpackung mit einer quadratischen Grundfläche sowie Verschlusslaschen. Dabei handelt es sich um die neutralisierten Verpackungen der Tafelschokoladen „Ritter Sport“ und „Ritter Sport Minis„.

Die Antragstellerin beantragte beim Deutschen Patent- und Markenamt zunächst erfolglos die Löschung der Marken. Auf die Beschwerden der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht die Löschung der Marken angeordnet, weil die Zeichen ausschließlich aus einer Form bestünden, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei. Der BGH hob diese Entscheidungen auf und verwies die Verfahren an das Bundespatentgericht zurück. Im zweiten Rechtsgang wies das Bundespatentgericht die Beschwerden der Antragstellerin schließlich zurück. Dagegen hat die Antragstellerin Rechtsbeschwerden beim Bundesgerichtshof eingelegt.

 

Entscheidung:

Der BGH hat die Rechtsbeschwerden der Antragstellerin nun mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Grundsätzlich sind gemäß § 3 Abs 2 dMarkenG solche Zeichen nicht als Marke schutzfähig, die ausschließlich aus einer Form bestehen, 1. die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, […] 3. die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.

Die eingetragenen Marken bestehen nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Das einzige wesentliche Merkmal der als Marken eingetragenen Warenverpackungen sind deren quadratische Grundflächen. Diese verleihen der in den Verpackungen vertriebenen Tafelschokolade keinen wesentlichen Wert.

Maßgeblich für die insoweit erforderliche Beurteilung sind Beurteilungskriterien wie die Art der in Rede stehenden Warenkategorie, der künstlerische Wert der fraglichen Form, ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen, ein bedeutender Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten oder die Ausarbeitung einer Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der jeweiligen Ware herausstreicht.

Das Schutzhindernis liegt vor, wenn aus objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maß durch dieses Merkmal bestimmt wird.

Auf der Grundlage der vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen konnte vom BGH nicht angenommen werden, dass die Entscheidung der Verbraucher, die in den quadratischen Verpackungen vertriebene Tafelschokolade zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt wird, dass diese Verpackungsform der Schokolade einen wesentlichen Wert verleiht. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts hat die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen künstlerischen Wert und führt auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten. Die Markeninhaberin verfolgt zwar eine Vermarktungsstrategie, in der sie die quadratische Form der Verpackung mit dem bekannten Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ herausstellt. Dies kann zwar dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt wird, weil die Verbraucher darin einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade aus einem bestimmten Unternehmen sehen und damit bestimmte Qualitätserwartungen verbinden. Darauf kommt es aber nicht an. Vom Markenschutz ausgeschlossen ist die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Dafür bestehen im Fall der hier in Rede stehenden quadratischen Tafelschokolade-Verpackungen keine Anhaltspunkte.

 

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 23.7.2020