OGH-Entscheidung vom 5.6.2020, 4 Ob 27/20d

 

Sachverhalt:

Die Klägerinnen bieten ein Online-Walzen-Glücksspiel an und verwenden hierfür die Wortmarke „BOOK OF RA“ sowie folgende Wort-Bild- und Bildmarken:

Die Beklagten bietet ebenfalls ein Online-Walzen-Glücksspiel an. Dieses bezeichnet sie als „Rick Wilde and the Book of Dead“ und verwenden hierfür folgende Bilder:

Die Klägerinnen machen gegen die Beklagten markenrechtliche und lauterkeitsrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit ihren Kennzeichen geltend. Das Spiel der Klägerinnen „Book of Ra“ sei berühmt und zähle zu den erfolgreichsten Topsellern am Markt der europäischen Union. Die Marken der Klägerinnen seien bekannt; die Beklagten nutzten sie unlauter.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab der Klage nur teilweise statt. Das Berufungsgericht wies mit Teilurteil die markenrechtlichen Begehren ab. Der OGH befand die Revision der Klägerinnen für zulässig und auch berechtigt. Aus der Begründung:

Zum Schutzumfang von Wortbildmarken führte der OGH aus, dass bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend sei, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort zu orientieren pflege und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten würde. Anderes gelte dann, wenn dem Wortbestandteil die Unterscheidungskraft fehle.

Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit sei der Grad der Aufmerksamkeit eines Durchschnittsverbrauchers relevant. Dieser hänge von der jeweiligen Situation ab. Die maßgeblichen Verkehrskreise, aus denen der angesprochene Durchschnittsverbraucher entnommen wird, bestimme sich aus den Konsumenten der betreffenden Ware/Dienstleistung.

In der Revision rügten die Klägerinnen, dass es keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Berücksichtigung der „konzeptionellen Ähnlichkeit“ zweier Zeichen gebe. Der OGH entgegnete, dass dies unter die Bezeichnung „begriffliche Ähnlichkeit“ falle. Bei Wortmarken handle es sich um den Wortsinn, der umso stärker zu berücksichtigen sei, je höher die Kennzeichnungskraft der Marke ist. Bei (Wort-)Bildmarken werde ein Motivschutz bei der Prüfung von Verwechslungsgefahr aber grundsätzlich abgelehnt.

Ob zwischen zwei Marken Verwechslungsgefahr besteht, sei bei (hier gegebener) Warenidentität nach der Zeichenähnlichkeit zu prüfen. Dafür seien die verwendeten Zeichen unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft in Bild, Klang und Bedeutung einer gesamthaften Würdigung zu unterziehen. Aufgrund der Gesamtbetrachtung verneinte der OGH das Bestehen einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr.

Der OGH verwies Rechtssache jedoch an das Erstgericht zurück, um Feststellungen zur Bekanntheit der Marken der Klägerinnen zu treffen. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH setze der Begriff „bekannt“ (Art 9 Abs 1 lit c UMV und in Art 5 Abs 2 der RL 2008/95) einen gewissen Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum voraus. Der erforderliche Bekanntheitsgrad sei als erreicht anzusehen, wenn die Marke bei einem bedeutenden Teil dieses Publikums bekannt ist. Ein bestimmter Prozentsatz sei nicht erforderlich. Im Falle einer Unionsmarke reiche es aus, dass diese Marke in einem wesentlichen Teil des Unionsgebiets bekannt ist, wobei ggf. das Gebiet eines einzigen Mitgliedstaats ausreichend sei. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen habe das nationale Gericht alle relevanten Umstände des Falls zu berücksichtigen, also insbesondere den Marktanteil der Marke, der Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie den Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat.

Der Schutz der bekannten Marke setze keine Verwechslungsgefahr voraus, sondern nur eine solche Ähnlichkeit, dass das Publikum die Zeichen gedanklich miteinander verknüpft. Der Grad der dafür erforderlichen Ähnlichkeit sei niedriger anzusetzen als der Grad der Ähnlichkeit, der für Verwechslungsgefahr verlangt wird; es reiche zudem aus, wenn die Ähnlichkeit in einem der drei Punkte Bild, Klang oder Sinngehalt besteht. Diesfalls sei die Marke gegen unlautere Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung geschützt.