OGH-Entscheidung vom 27.2.2020, 8 Ob 111/19k

 

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte vom Beklagten einen VW Transporter für einen Kaufpreis iHv EUR 6.400. Das Fahrzeug wies einen Kilometerstand von über 300.000 km auf. Es handelte sich um einen Privatverkauf. Im Kaufvertrag wurde festgehalten „Das Fahrzeug wurde besichtigt und probegefahren. Der Zustand des Fahrzeuges ist mir bekannt, und wird hiermit akzeptiert. Für das Fahrzeug wird vom Verkäufer keine weitere Garantie oder Gewährleistung übernommen. Beide Teile verzichten auf die Anfechtung dieses Vertrages, aus welchem Titel immer.“

Vor Kaufabschluss besichtigte der Kläger das Fahrzeug, führte aber keine Probefahrt durch. Der Beklagte informierte den Kläger auf vorhandene Schäden (Motorlager, Servopumpe). Zwei Wochen nach Übergabe traten erhebliche Defekte (u.a. Getriebeschaden) am Fahrzeug auf. Für die Reparatur musste der Kläger über EUR 5.000 bezahlen. Der Kläger begehrte daher vor Gericht den Ersatz der aufgewendeten Reparaturkosten. Er brachte vor, dass sich der im Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht auf die Fahr- und Betriebssicherheit sowie auf die „Pickerltauglichkeit“ des Fahrzeugs erstreckt habe.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwischen Privatleuten könne die Gewährleistung ausgeschlossen werden, ausgenommen seien nur arglistig verschwiegene und ausdrücklich oder schlüssig zugesagte Eigenschaften. Mit dem Alter eines Gebrauchtfahrzeugs entsprechenden Verschleißerscheinungen müsse grundsätzlich gerechnet werden. Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Klägers teilweise Folge. Der OGH hielt die Revision des Beklagten gegen diese Entscheidung für zulässig und auch berechtigt. Aus der Begründung:

Der Kläger machte geltend, bei Geschäften dieser Art Fahrbereitschaft nicht als schlüssig zugesichert gelte. Der OGH führte dazu aus, dass die Reichweite eines vertraglichen Gewährleistungsverzichts durch Auslegung zu ermitteln ist. Im Zweifel sind Verzichtserklärungen restriktiv auszulegen Ein umfassend abgegebener Gewährleistungsverzicht erstreckt sich auch auf geheime und solche Mängel, die normalerweise vorausgesetzte Eigenschaften betreffen; nicht hingegen auf arglistig verschwiegene Mängel und auf das Fehlen ausdrücklich oder schlüssig zugesicherter Eigenschaften. Beim Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs müssen Mangelerscheinungen, die Alter und Gebrauchsintensität entsprechen, hingenommen werden.

Der bisherigen Rechtsprechung zufolge, gelten nur bei gewerblichen Kraftfahrzeughändlern die Fahrbereitschaft sowie die Verkehrs- und Betriebssicherheit als zumindest schlüssig vereinbart.

Im vorliegenden Fall kommt es auf die Auslegung der konkreten Vereinbarung unter den festgestellten Umständen an. Die vom Beklagten ausdrücklich zugesagte und geschuldete Leistung bestand in der Lieferung eines (unstrittig) 2007 erstzugelassenen Nutzfahrzeugs mit einem Kilometerstand von 304.000, einem kaputten Motorlager und einer defekten Servopumpe. Allein bei diesen beiden genannten Defekten handelt es sich aber um schwere Mängel. Das Fahrzeug war daher schon zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht verkehrs- und betriebssicher. Auch mit einem Getriebedefekt sei bei Fahrzeugen dieses Alters und mit dieser Kilometerleistung zu rechnen. Es handelt sich dabei, so wie bei den übrigen nach dem Verkauf aufgetretenen Defekten, um eine Verschleißerscheinung, die mangels dem Beklagten vorwerfbarer Arglist und mangels gegenteiliger Zusage vom vereinbarten Gewährleistungsverzicht umfasst war.

Der OGH stellte daher das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wieder her.