EuGH-Urteil vom 26.3.2020, Rechtssache C‑622/18

 

Sachverhalt:

Der Kläger des Ausgangsverfahrens vertreibt Alkohol und Spirituosen. Im Jahr 2005 meldete er beim Institut national de la propriété industrielle (Nationales Institut für gewerbliches Eigentum, Frankreich) die Wort-/Bildmarke „SAINT GERMAIN“ für alkoholische Getränke an.

Nachdem der Kläger erfuhr, dass die Beklagte ebenfalls unter der Bezeichnung „St‑Germain“ Likör vertrieb, brachte er eine Klage wegen der erfolgten Markenrechtsverletzung ein. Das Berufungsgericht kam jedoch zu dem Ergebnis, dass es dem Kläger nicht gelungen sei, die ausreichende Benutzung seiner Marke zu beweisen und seiner Klage daher der Erfolg zu versagen war.

Nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs entschloss sich der französische Cour de cassation, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob einem Markeninhaber, der seine Marke nie verwendet hat, Schadenersatz infolge einer Markenrechtsverletzung zustehen kann.

 

Entscheidung:

Der EuGH führte zunächst grundsätzlich aus, dass dem Inhaber einer Marke für den Beginn der ernsthaften Benutzung eine Schonfrist (5 Jahre ab Eintragung) gewährt wird, während der er sein ausschließliches Recht aus der Marke geltend machen kann, ohne eine ernsthafte Benutzung belegen zu müssen. Nach Ablauf dieser Frist kann im Zuge einer Widerklage oder eines Verletzungsverfahrens eingewandt werden, dass die Marke nicht ernsthaft benutzt wurde. Im vorliegenden Fall war zu prüfen, ob nach Ablauf der Schonfrist eine während dieser Frist erfolgte Verletzungen des ausschließlichen Rechts aus der Marke geltend gemacht werden können.

Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass zwar die fehlende Benutzung einer Marke einem mit der Begehung von Verletzungshandlungen verbundenen Schadensersatzanspruch nicht entgegensteht, dieser Umstand jedoch bei der Feststellung eines allenfalls erlittenen Schadens ein wichtiger Aspekt bleibt, den das nationale Gericht zu berücksichtigen habe.

Mitgliedstaaten können daher grundsätzlich zulassen, dass der Inhaber einer Marke das Recht behält, infolge einer Markenrechtsverletzung Schadenersatz zu verlangen, auch wenn die Marke bei Ablauf der „Schonfrist“ von fünf Jahren aufgrund nicht ernsthafter Benutzung für verfallen erklärt worden ist.