OGH Entscheidung vom 24.1.2020, 8 Ob 137/19h

 

Sachverhalt:

Der Kläger war Schriftführer eines Vereins. Dieser Verein bestellte bei der Beklagten Fleischwaren, die vom Verein aber nicht bezahlt wurden. Der Kläger selbst war weder in diese Bestellungen involviert, noch kamen ihm die Fleischlieferungen zugute.

Der Anwalt der Beklagten forderte den Kläger in einem Schreiben unter Androhung der Klagseinbringung zur Zahlung des offenen Betrags samt Zinsen auf. Der Kläger wies die Ansprüche mit Antwortschreiben seines Rechtsvertreters zurück und forderte seinerseits Ersatz der ihm verursachten Kosten. Daraufhin teilte der Anwalt der Beklagten dem Rechtsvertreter des Klägers mit, dieses Schreiben inhaltlich nicht zu beantworten und im Auftrage seiner Mandantschaft derzeit die Einbringung einer Strafanzeige zu prüfen.

Der Kläger brachte daher eine Klage auf Feststellung ein, wonach kein Anspruch auf Zahlung bestehe. Es bestehe ein Schwebezustand, der ein rechtliches Interesse des Klägers begründe, die Anmaßung der Beklagten als Ursache der Rechtsunsicherheit abzuwehren und die Beklagte zu zwingen, das angemaßte Recht zu beweisen oder aufzugeben.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der OGH erachtete die Revision des Klägers für zulässig und auch berechtigt. Aus der Begründung:

Bei einer negativen Feststellungsklage besteht das rechtliche Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens eines Rechts immer dann, wenn der Beklagte ein solches Recht zu haben behauptet. Das rechtliche Interesse erfordert neben der fälschlichen Berühmung eines solchen Rechts aber auch eine dadurch hervorgerufene Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers.

Der OGH hat in früheren Entscheidungen bereits in der Ausstellung von Rechnungen oder der Zusendung von Forderungsschreiben eine solche Berühmung gesehen und das rechtliche Interesse des Klägers an einem entsprechenden negativen Feststellungsbegehren als unzweifelhaft bezeichnet. Dementsprechend sei auch der vorliegende Fall zu beurteilen.

Mit dem Anspruchsscheiben hat die Beklagte dem Kläger gegenüber unter Klagsandrohung eine fünfstellige Forderung fällig gestellt und behauptet, dass der Kläger ihr gegenüber in diesem Umfang schadenersatzpflichtig geworden sei, wobei sie auch noch ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Klägers in den Raum gestellt hat. Die daran möglicherweise anknüpfenden privat- sowie strafrechtlichen Folgen begründen das Feststellungsinteresse des Klägers.

Der Kläger muss daher auf eine gerichtliche Geltendmachung der behaupteten Ansprüche nicht warten, sondern kann durch Feststellungsklage die von der Beklagten geschaffene Rechtsunsicherheit beenden.

Der OGH gab der Klage daher statt. Dem Kläger fehlte das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung nicht. Das negative Feststellungsbegehren des Klägers erwies sich daher als berechtigt.