OGH-Entscheidung vom 17.12.2019, 3 Ob 232/19t

 

Sachverhalt:

Zwischen den Parteien war ein Exekutionsverfahren anhängig. Der verpflichteten Partei war es gegenüber der betreibenden Partei verboten, aufgrund eines vollstreckbaren Urteils (Exekutionstitel) eine „Exklusivität“ ihrer redaktionellen Berichterstattung zu behaupten, wenn dies nicht den Tatsachen entspricht, insbesondere fälschlich „exklusive“ Interviews zu behaupten. Die betreibende Partei beantragte, ihr aufgrund des Exekutionstitels die Exekution wegen eines Verstoßes gegen das Urteil zu bewilligen und über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe zu verhängen.

In ihrer (zur Strafhöhe) eingeräumten Äußerung wies die verpflichtete Partei darauf hin, dass die betreibende Partei zum behaupteten Titelverstoß vor dem Handelsgericht Wien eine weitere Unterlassungsklage erhoben habe, die ein weiteres rechtskräftige Urteil zur Folge hatte. Die zweite Klage sei wegen des (später) auch hier geltend gemachten Titelverstoßes eingeleitet worden. Dem Exekutionsantrag fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Partei Folge und wies den Exekutionsantrag ab. Der OGH befand den Revisionsrekurs der betreibenden Partei aus Gründen der Rechtssicherheit für zulässig und berechtigt. Aus der Begründung:

Das Rekursgericht stützte die Unzulässigkeit des Exekutionsantrags unter anderem auf die Einmaligkeitswirkung des zweiten Urteils. Die in § 411 ZPO angeordnete Einmaligkeitswirkung schließt zwischen gleichen Parteien die neuerliche Anhängigmachung eines gleichen Begehrens, das auf den gleichen rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt wird, aus und verwehrt eine inhaltliche Entscheidung über dieses idente Rechtsschutzbegehren.

Die betreibende Parte wies im Revisionsrekurs zutreffend darauf hin, dass der Gegenstand des Exekutionsverfahrens ein anderer ist als der eines Erkenntnisverfahrens. Während das Erkenntnisverfahren dazu dient, einen materiell-rechtlichen Anspruch zu prüfen, dient das Exekutionsverfahren dazu, einen bereits titulierten Anspruch zwangsweise durchzusetzen, ohne dabei die materiell-rechtliche Berechtigung zu prüfen.

Der auf die Durchsetzung des vollstreckbaren (titulierten) Anspruchs gerichtete Exekutionsantrag ist daher nicht ident mit dem im Prozess erhobenen Klagebegehren. Schon wegen dieser fundamentalen Unterschiede zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren kann die Einmaligkeitswirkung eines Urteils nicht auf das Exekutionsverfahren ausstrahlen. Exekutionsantrag und Klage beinhalten nicht „gleiche Begehren“.

Auch eine Doppelbestrafung liege nicht vor. Denn eine Unterlassungsklage zielt nämlich (nur) darauf ab, dass dem Beklagten mit Urteil künftig eine bestimmte Handlung untersagt (verboten) wird. Damit ist noch keine „Bestrafung“ für die bisherigen (rechtswidrigen) Handlungen verbunden. Nur ein Verstoß gegen eine titelmäßig gedeckte Unterlassungsverpflichtung kann erstmals zur Verhängung einer Geldstrafe im Wege des Exekutionsverfahrens führen. Eine doppelte Bestrafung liegt damit nicht vor.

Auch ein Vollstreckungsinteresses fehlt nicht. Die bloße Existenz eines (weiteren) Unterlassungstitels kann dem Titelgläubiger nicht die Möglichkeit nehmen, die auf die Verhängung von Geldstrafen abzielende Exekution gegen den Schuldner einzuleiten. Allenfalls wäre die Zulässigkeit/Berechtigung der zweiten Klage zu prüfen gewesen, diese Frage sei jedoch hier nicht verfahrensgegenständlich.