OGH-Entscheidung vom 26.3.2019, 4 Ob 211/18k

 

Sachverhalt:

Die Zahnärztekammer klagte einen Zahnarzt auf Unterlassung. Er hatte zuvor in einer Zeitschrift ein ganzseitiges Inserat mit dem Titel „Medical meets Beauty“ geschaltet, mit dem gleichzeitig für Zahnbehandlungen und kosmetische Behandlungen geworben wurde.

Die Zahnärztekammer begehrte zudem die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach es der Beklagte zu unterlassen habe Anzeigen, welche ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums überschreiten, veröffentlichen zu lassen; mit Ankündigungen nicht zahnmedizinischer Leistungen (sondern kosmetischer Leistungen) zu werben; zahnärztliche Tätigkeiten wie Bleaching, sei es auch als „kosmetisches Zahnbleaching“ bezeichnet, durch sein Unternehmen (Zweitbeklagte) anzukündigen und/oder auszuführen.

 

Entscheidung:

Erstgericht und Rekursgericht erließen die beantragte einstweilige Verfügung. Der OGH hielt den Revisionrekurs des Beklagten insgesamt für unberechtigt.

Hinsichtlich Printwerbung im Ausmaß von über einer Viertelseite ist Art 5 lit c der auf Grundlage von § 35 Abs 5 ZÄG erlassenen Werbe-RL maßgeblich, wonach eine Anzeige für zahnärztliche Leistungen in Printmedien maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen darf.

Der OGH führte zudem aus, dass gegen Werbebeschränkungen für (Zahn-)Ärzte allgemein und insbesondere gegen Art 5 lit c Werbe-RL keine unionsrechtlichen Bedenken bestehen.

Mit der gemeinsamen Werbung von zahnärztlichen und Kosmetikdienstleistungen hat der Beklagte außerdem gegen Art 1 und Art 2 Werbe-RL verstoßen, wonach Angehörigen des zahnärztlichen Berufs eine unsachliche Werbung verboten sei, die nach Art 2 lit a Werbe-RL unter anderem darin bestehen könne, mit den zahnärztlichen Leistungen zugleich Leistungen anzukündigen, die in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stünden. Letzteres treffe auf die im Inserat angekündigten und angebotenen Gesichts- und Körperbehandlungen zu.

Der OGH schloss sich der Beurteilung des Rekursgerichts an, wonach der Beklagte durch die Formulierungen in dem Inserat eine unsachliche und damit verpönte Verquickung der Fachgebiete vorgenommen habe.

Bleaching unterfällt nach ständiger Rechtsprechung auch dann dem Zahnärztevorbehalt des § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG, wenn in dem dafür verwendeten Zahngel kein Wasserstoffperoxid enthalten ist. Dass vor Durchführung der Behandlung eine ärztliche Eingangsuntersuchung stattfindet, konnte die Zweitbeklagte nicht entlasten. Eine dem klaren Gesetzeswortlaut des § 24 Abs 2 ZÄG entsprechende Erbringung der Leistung unter ständiger Aufsicht des Zahnarztes liegt damit nicht vor. Das Anbieten und Durchführen von dem Zahnärztevorbehalt unterfallenden Leistungen durch einen Nichtzahnarzt verstößt gegen § 4 ZÄG.

Die Zweitbeklagte ist eine GmbH mit dem Geschäftszweig Kosmetikdienstleistungen. Sie ist daher nicht befugt, zahnärztliche Leistungen anzubieten und durchzuführen. Die Erbringung von zahnärztlichen Dienstleistungen in der Rechtsform einer GmbH wird vom Gesetzgeber nur unter engen Voraussetzungen zugelassen, nämlich im Fall einer Gruppenpraxis nach den §§ 26 ff ZÄG. Nicht erlaubt sind „Ein-Personen-GmbHs“ oder Gesellschaften, denen standesfremde Personen als Gesellschafter angehören.

Bei der Zweitbeklagten sind zwei weitere natürliche Personen Minderheitsgesellschafter, insofern erfüllt sie die Voraussetzungen der §§ 26 ff ZÄG nicht: Weder gehören der Zweitbeklagten nur Zahnärzte als Gesellschafter an, noch beschränkt sich ihre Tätigkeit auf Leistungen in direktem Zusammenhang mit der Berufsbefugnis von Zahnärzten. Durch das Anbieten und Durchführen von dem Zahnärztevorbehalt unterfallenden Leistungen über diese gesellschaftsrechtliche Konstruktion verschaffen sich die Beklagten daher unter den gegebenen Umständen einen unlauteren Vorteil vor rechtstreuen Mitbewerbern, denen beispielsweise die Haftungserleichterungen einer GmbH für Behandlungsfehler nicht offenstehen.