OGH-Entscheidung vom 31.8.2018, 6 Ob 140/18h

Sachverhalt:

Die Beklagte ermöglicht Konsumenten den Empfang digital-terrestrisch übertragener Fernsehprogramme. In ihren ABG verwendete sie Klauseln, die vom VKI beanstandet wurden.

Eine der beanstandeten Klauseln koppelte den Vertragsabschluss an eine datenschutzrechtliche Einwilligung. Der Kunde stimmte demnach mit Vertragsabschluss zu, dass die von ihm angegebenen Daten von der Beklagten verwendet werden, um dem Kunden Informationen über das Produktportfolio von der Beklagten zukommen zu lassen. Des Weiteren stimmte der Kunde zu, dass die von ihm angegebenen Daten zu den oben angeführten Zwecken an die verbundenen Unternehmen der Beklagten übermittelt werden.

Der VKI klagte auf Unterlassung.

Entscheidung:

Das Erstgericht verbot die Verwendung der genannten sowie sinngleicher Klauseln. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung. Die Klauseln seien gröblich benachteiligend, weil sie den Vertragsabschluss von der Zustimmung zu einer (für die Vertragserfüllung nicht erforderlichen) Datenverwendung (nämlich zu Werbezwecken) abhängig machen, womit es an einer Freiwilligkeit der Zustimmung nach § 4 Z 14 DSG 2000 („ohne Zwang“) mangle; überdies seien sie mangels Hervorhebung intransparent.

Der OGH gab der Revision der Beklagten nicht Folge. Aus der Begründung:

8 Abs 1 Z 2 DSG 2000 bestimmt, dass schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nicht sensibler Daten dann nicht verletzt sind, wenn der Betroffene der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist und die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten bewirkt. § 4 Z 14 DSG 2000 definiert die „Zustimmung“ als gültige, insbesondere ohne Zwang abgegebene Willenserklärung des Betroffenen, dass er in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Verwendung seiner Daten einwillige. Eine Klausel, welcher der Verbraucher im Wesentlichen nur entnehmen kann, dass Daten an Dritte weitergegeben werden, nicht aber, welchen konkreten Dritten welche konkreten Daten weitergegeben werden dürfen, ist unzulässig.

Die Frage des „Koppelungsverbotes“, also ob der Vertragsabschluss von einer Zustimmung zu einer (dafür nicht erforderlichen) Datenverarbeitung abhängig gemacht werden kann, wurde in der höchstgerichtlichen Judikatur noch nicht behandelt. In Frage steht dabei, ob eine derartige Einwilligung „ohne Zwang“ bzw „freiwillig“ gegeben wird, wenn sie Voraussetzung für den Abschluss eines Vertrags ist, für dessen Durchführung sie aber nicht erforderlich wäre.

Seit 25. 5. 2018 ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) anzuwenden. Zugleich sind die hier relevanten Bestimmungen der §§ 4 und 8 DSG 2000 außer Kraft getreten. Damit hat sich nach Erlassung der Berufungsentscheidung die anzuwendende Rechtslage geändert.

In einem solchen Fall hat eine Parallelprüfung nach altem und neuen Recht zu erfolgen. Ein Verbot ist nur möglich, wenn das beanstandete Verhalten auch nach neuer Rechtslage unzulässig ist (sonst Wegfall der Wiederholungsgefahr). Daneben ist weiterhin erheblich, ob das beanstandete Verhalten auch zu jenem Zeitpunkt untersagt war, als es gesetzt wurde (sonst läge kein Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht vor). Im Ergebnis ist ein Unterlassungsanspruch nur dann zu bejahen, wenn das beanstandete Verhalten sowohl gegen das alte als auch gegen das neue Recht verstößt.

Art 4 Z 11 DSGVO definiert die „Einwilligung“ der betroffenen Person als „jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist“.

Die DSGVO enthält als zusätzliche Regelungen zur Freiwilligkeit der Einwilligung in Artikel 7 Abs 4: „Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, muss dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.“

Dazu erläutert der Erwägungsgrund 43: „… Die Einwilligung gilt nicht als freiwillig erteilt, wenn zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.“

Während also nach dem Verordnungstext dem Umstand der Koppelung bei der Beurteilung der Freiwilligkeit größtmöglich Rechnung zu tragen ist, spricht der Erwägungsgrund eindeutig für ein unbedingtes Verbot der Koppelung.

Damit ist die in Rede stehende Klausel nach neuem Recht unzulässig, weil sie gegen Art 6 Abs 1 lit a iVm Art 4 Z 11 iVm Art 7 Abs 4 DSGVO verstößt. Zum gleichen Ergebnis führte die Sichtweise, dass diese Regelungen intransparent sind, weil sie keine wirksame Einwilligung herstellen können.

Die Argumentation des Klägers stützt sich im Wesentlichen auf eine Empfehlung der Datenschutzkommission vom 13. 7. 2012, K212.766/0010-DSK/2012, in der diese ausspricht, die Unmöglichkeit, einen Vertrag abzuschließen, ohne gleichzeitig die Zustimmungserklärung abzugeben, sei ihrer Ansicht nach „mit dem Erfordernis der Freiwilligkeit iSd § 4 Z 14 DSG 2000 und § 8 Abs 1 Z 2 DSG 2000 nicht vereinbar“. Als relevant werde angesehen, dass die Klausel nicht in synallagmatischem Zusammenhang mit der Leistung des Vertragspartners stehe.

Auch nach der alten Rechtslage ergab sich aus teleologischen Erwägungen, dass an die „Freiwilligkeit“ einer Einwilligung hohe Anforderungen zu stellen sind. Diese Anforderungen sind, wenn der Vertragsschluss offensichtlich mit der Abgabe einer derartigen Zustimmung gekoppelt wird, nicht erfüllt.