OGH-Entscheidung vom 27.9.2018, 9 ObA 87/18m

Sachverhalt:

Die Klägerin ist im Bereich der Direktvermarktung von Staubsaugern tätig.

Die Beklagten (zwei Dienstnehmer der Klägerin) verpflichteten sich in ihrem Dienstvertrag unter Vereinbarung einer Konventionalstrafe in Höhe von 2.500 EUR pro Fall, während der Dauer des Dienstverhältnisses als auch nach dessen Beendigung weder Mitarbeiter noch Handelspartner der Klägerin direkt oder indirekt abzuwerben oder dies zu versuchen.

Mit dem Ziel, mit möglichst vielen ihrer „Teammitglieder“ zu einem Konkurrenzunternehmen zu wechseln und im Bewusstsein, durch das Abwerben die Klägerin zu schädigen, sprachen die Beklagten Teammitglieder an. In sieben von zwölf Fällen waren die Beklagten erfolgreich.

Entscheidung:

Die Beklagten wurden zu einer Zahlung von jeweils EUR 22.500,00 verurteilt. Sie erhoben dagegen außerordentliche Revision und argumentierten, dass sie dem Dienstnehmer lediglich solidarisch haften, sodass jeder der beiden Beklagten letztlich nur seinen Anteil zu ersetzen hat.

Der OGH wies die außerordentliche Revision zurück. Aus der Begründung:

Die vereinbarte Konventionalstrafe nach § 1336 ABGB soll einerseits den Schuldner zur korrekten Erfüllung seiner Vertragspflichten veranlassen und andererseits dem vereinfachten Ausgleich der dem Gläubiger aus einer trotzdem erfolgten Vertragsverletzung erwachsenden Nachteile durch Pauschalierung seines Schadenersatzanspruchs dienen.

Zur arbeitsvertraglichen Pflicht eines Arbeitnehmers zählt auch die Unterlassung der Abwerbung von Arbeitskollegen, auch wenn die Abwerbung keine Verleitung zum Vertragsbruch bildet, aber für ein Konkurrenzunternehmen erfolgt oder dem Arbeitgeber wegen des Arbeitskräftemangels empfindlichen Schaden zufügt. Eine schuldhafte Vertragsverletzung macht ihn schadenersatzpflichtig. Wird die Verpflichtung des Arbeitnehmers, Abwerbungen zu unterlassen, ausdrücklich in den Dienstvertrag aufgenommen und für den Fall des Zuwiderhandelns eine Konventionalstrafe vorgesehen, ist Zweck der Pönalvereinbarung in diesem Fall, auf den Verpflichteten zusätzlichen Erfüllungsdruck auszuüben, zumal der Eintritt eines materiellen Schadens keine Voraussetzung der Konventionalstrafe ist.

Es steht damit hier nicht die Ausgleichsfunktion, sondern die Abschreckungsfunktion der Konventionalstrafe im Vordergrund. Würden zwei Arbeitnehmer, die sich gesondert ausdrücklich zur Unterlassung von Abwerbungen verpflichtet haben, bei gemeinsamer Abwerbung eines Kollegen nur solidarisch haften, also der Arbeitgeber die Konventionalstrafe nur einmal verlangen dürfen, so wäre die Abschreckungsfunktion erheblich entwertet, dürften sich doch die beiden letztlich die Strafe teilen. Es gilt zu verhindern, dass ein konventionalstrafbewehrt Verpflichteter umso weniger die Strafe befürchten muss, je mehr Mittäter er hat. Zudem steigt gerade bei einem Einwirken mehrerer auf eine Person die Wahrscheinlichkeit, dass diese sich wunschgemäß verhält (hier: gemeinsames Wechseln zum Konkurrenzunternehmen). Bei ergänzender Vertragsauslegung ist daher zwecks effizienter Abschreckung die Konventionalstrafbestimmung dahingehend auszulegen, dass auch bei gemeinsamer Abwerbung ein und derselben Person jeder die Konventionalstrafe schuldet – somit nicht bloß zur ungeteilten Hand – und damit die Konventionalstrafe nicht nur einmal zu zahlen ist.