EuG-Urteil vom 25.10.2018, Rechtssache T-122/17

Sachverhalt:

Die Devin AD beantragte beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Eintragung der Unionswortmarke „DEVIN“ für alkoholfreie Getränke.

Die Industrie- und Handelskammer von Haskovo (Bulgarien) beantragte beim EUIPO die Nichtigerklärung dieser Marke.

In seiner Entscheidung stellte das EUIPO im Wesentlichen fest, dass die bulgarische Stadt Devin der breiten Öffentlichkeit in diesem Land und einem erheblichen Teil der Verbraucher in Nachbarländern wie Griechenland und Rumänien insbesondere als bedeutendes Thermalbad bekannt sei. Außerdem werde der Name dieser Stadt in Fachkreisen mit alkoholfreien Getränken, vor allem Mineralwässern, in Verbindung gebracht. Das EUIPO erklärte die streitige Marke deshalb in vollem Umfang für nichtig.

Die Devin AD erhob daraufhin beim Gericht der Europäischen Union (EuG) Klage auf Aufhebung der Entscheidung des EUIPO.

Entscheidung:

Das EuG hob die Entscheidung des EUIPO auf. Aus der Begründung:

Der bulgarische Verbraucher vermag in dem Wort „Devin“ zwar einen geografischen Namen zu erkennen, aber es erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass die Marke „DEVIN“ in Bulgarien nicht zumindest normale Unterscheidungskraft erlangt hat.

Die Existenz eines „touristischen Profils im Internet“ reicht als solches nicht zum Nachweis dafür aus, dass die relevanten Verkehrskreise im Ausland eine Kleinstadt darin kennen. Auch die Tatsache, dass die Stadt Devin eine „erhebliche touristische Infrastruktur“ hat, lässt nicht den Schluss zu, dass die Stadt einem solchen Verbraucher über die Landesgrenzen hinweg bekannt sein könnte oder dass er eine direkte Verbindung zu ihr herstellen wird.

Das EUIPO habe sich daher zu Unrecht auf die ausländischen, insbesondere die griechischen oder rumänischen Touristen konzentriert, die Bulgarien oder Devin besuchen, statt die gesamten relevanten Verkehrskreise zu berücksichtigen, die aus den Durchschnittsverbrauchern in der Union und insbesondere in diesen Mitgliedstaaten bestehen. Der Durchschnittsverbraucher von Mineralwasser und Getränken in der Union verfügt nicht über einen hohen Grad an Spezialisierung in den Bereichen der Geografie oder des Tourismus, und es gibt keinen konkreten Beweis dafür, dass er das Wort „Devin“ als geografischen Ort in Bulgarien wahrnimmt.

Den einschlägigen Rechtsvorschriften und der Rechtsprechung entsprechend, bleibt eine beschreibende Verwendung des Namens „Devin“ zum Zweck der Werbung für die Stadt als touristisches Ziel erlaubt. Das Unionsrecht sieht außerdem schon in der Definition des durch eine Marke verliehenen ausschließlichen Rechts Vorkehrungen zur Wahrung der Interessen Dritter vor: Zum einen erstreckt sich der Schutz der herkunftshinweisenden Funktion der Marke nur auf ihre Verwendung für gleiche oder ähnliche Waren (oder Dienstleistungen) und setzt Verwechslungsgefahr voraus; zum anderen erstreckt sich der Schutz der Werbefunktion einer bekannten Marke auch auf unähnliche Waren, setzt aber Verwässerungsgefahr oder die Gefahr des Trittbrettfahrens voraus und erfasst zudem keine Verwendungen mit „rechtfertigendem Grund“.

Im vorliegenden Fall bleibt der Name der Stadt Devin somit für Dritte nicht nur zur beschreibenden Verwendung, etwa zur Förderung des Tourismus in dieser Stadt, verfügbar, sondern auch als Unterscheidungszeichen bei „rechtfertigendem Grund“ und fehlender Verwechslungsgefahr.