OGH-Entscheidung vom 17.7.2018, 4 Ob 102/18f

Sachverhalt:

Die Streitteile sind jeweils Medieninhaber periodischer Druckwerke. Die Beklagte veröffentlichte in ihrer Tageszeitung sowie in ihrem e-Paper ohne Zustimmung der Klägerin ein Foto. Der Fotograf hatte sämtliche Werknutzungsrechte an die Klägerin abgetreten.

Bereits in einem Vorverfahren konnte die Klägerin ein Urteil erwirken, wonach es der Beklagten untersagt war, das streitgegenständliche Foto zu verwenden.

Dennoch klagte sie erneut auf Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und die Zahlung eines angemessenen Entgelts. Durch den rechtskräftigen Unterlassungstitel im Vorverfahren sei ihr Rechtsschutzbedürfnis nicht weggefallen, weil sie weiterhin ein rechtliches Interesse daran habe, das Publikum über die rechtswidrige Handlungsweise der Beklagten aufzuklären.

Entscheidung:

Das Erstgericht wies das Unterlassungs- und das Veröffentlichungsbegehren ab; dem Zahlungsbegehren gab es hingegen statt. Bei Schluss der Verhandlung habe die Klägerin bereits über einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Unterlassungstitel verfügt. Damit könne sie unmittelbar Exekution auf Unterlassung führen. Für das neuerliche Unterlassungsbegehren mangle es der Klägerin daher am Rechtsschutzbedürfnis. Der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung sei ein vom Unterlassungsbegehren abhängiger Nebenanspruch. Ein besonderes Interesse an der Veröffentlichung habe die Klägerin nicht behauptet.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die außerordentliche Revision der Klägerin, die der OGH zwar für zulässig, aber dennoch unberechtigt befand. Aus der Begründung:

Eine Unterlassungsklage setzt ganz allgemein ein „(materielles) Rechtsschutzbedürfnis“ und im Besonderen Wiederholungsgefahr voraus, die nach einer erfolgten Verletzungshandlung grundsätzlich vermutet wird.

Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt zunächst davon ab, ob ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß besteht. Bei dieser Beurteilung ist zudem zu berücksichtigen, dass der Urteilsveröffentlichungsanspruch ein vom Unterlassungsbegehren abhängiger Nebenanspruch ist. Davon ausgehend entspricht es der Rechtsprechung, dass das Interesse an einer Urteilsveröffentlichung für sich allein das „Rechtsschutzbedürfnis“ für die Unterlassungsklage grundsätzlich nicht begründen kann.

Ein schon bestehender vollstreckbarer Unterlassungstitel, der auch die zu beurteilende (weitere) Verletzungshandlung erfasst, beseitigt das (materielle) Rechtsschutzbedürfnis für den Unterlassungsanspruch. Das bloße Veröffentlichungsinteresse hinsichtlich eines neuerlichen Verstoßes rechtfertigt die Erwirkung eines neuerlichen (identen) Unterlassungstitels mangels (materiellen) Rechtsschutzbedürfnisses nicht.

Die Rechtsprechung lässt jedoch Ausnahmefälle zu: Ein besonderes Interesse an der Urteilsveröffentlichung zu einem weiteren Verstoß vermag das fehlende Rechtsschutzbedürfnis für eine neuerliche Unterlassungsklage (samt Veröffentlichungsbegehren) zu substituieren. Gewöhnliches Aufklärungsinteresse genügt nicht.

Der OGH erkannte an, dass diese Rechtsmeinung in der Literatur auf Kritik stößt, da der Kläger bei einem neuerlichen Verstoß nicht mehr alles erlangen kann, was er mit einer neuen Klage erlangen könnte. Diese Kritik veranlasste den OGH jedoch nicht dazu, von seiner ständigen Rechtsprechung abzugehen.

Zusammenfassend hielt der OGH fest, dass bei Vorhandensein eines auch die neuerliche Verletzungshandlung erfassenden rechtskräftigen Unterlassungstitels das Interesse an einer Urteilsveröffentlichung für sich alleine das fehlende (materielle) Rechtsschutzbedürfnis (im Sinn eines materiell-rechtlich schutzwürdigen Interesses) für die (neuerliche) Unterlassungsklage grundsätzlich nicht ersetzen und der Kläger die Einrede des mangelnden (materiellen) Rechtsschutzbedürfnisses nur in Ausnahmefällen bei Darlegung eines konkret begründeten besonderen Interesses an der Urteilsveröffentlichung entkräften kann. Nur in einem solchen Ausnahmefall ist eine neuerliche Unterlassungsklage samt Veröffentlichungsbegehren berechtigt.