EuGH-Urteil vom 12.6.2018, Rechtssache C‑163/16

Sachverhalt:

Der Schuhdesigner Christian Louboutin ist Inhaber folgender Marke für „hochhackige Schuhe (ausgenommen orthopädische Schuhe)“:

 

 

 

 

 

 

 

 

In der Anmeldung wird die streitige Marke wie folgt beschrieben: „Die Marke besteht aus der Farbe Rot (Pantone 18‑1663TP), die auf der Sohle eines Schuhs wie abgebildet (die Kontur des Schuhs ist nicht von der Marke umfasst, sondern dient nur dem Zweck, die Position der Marke zu zeigen) aufgebracht ist.“

Die Van Haren Schoenen BV aus den Niederlanden verkaufte im Lauf des Jahres 2012 ebenfalls hochhackige Schuhe mit roten Sohlen. Louboutin klagte wegen Verletzung der abgebildeten Marke. Van Haren entgegnete, dass die streitige Marke ungültig sei. Laut Richtlinie können keine Markenzeichen eingetragen werden, die „ausschließlich aus der Form bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.“

Das erstinstanzliche Gericht in Den Haag entschloss sich, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Das Gericht bat um Klärung der Frage, ob sich der Begriff „Form“ im Sinne der hier anzuwendenden Richtlinie auf die dreidimensionalen Eigenschaften der Ware wie deren Konturen, Abmessungen oder Umfang beschränkt, oder ob diese Bestimmung auch andere (nicht dreidimensionale) Eigenschaften der Ware wie Farbe umfasst.

Entscheidung:

In seinem Urteil führte der EuGH aus, dass die Bedeutung des Begriffs „Form“ entsprechend seinem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu bestimmen ist. Aus dem üblichen Wortsinn ergibt sich nicht, dass eine Farbe als solche ohne räumliche Begrenzung eine Form darstellen kann. Im Kontext des Markenrechts wird unter dem Begriff „Form“ allgemein die Gesamtheit der Linien oder Konturen verstanden, die die betreffende Ware räumlich begrenzen. Weder aus der Richtlinie noch aus der Rechtsprechung des EuGH oder dem üblichen Wortsinn ergibt sich, dass eine Farbe als solche ohne räumliche Begrenzung eine Form darstellen kann.

Die Form der Ware spielt zwar bei der räumlichen Begrenzung der Farbe eine Rolle, es kann jedoch nicht angenommen werden, dass ein Zeichen aus dieser Form besteht, wenn die Eintragung der Marke nicht diese Form, sondern nur die Aufbringung einer Farbe an einer bestimmten Stelle dieser Ware schützen soll.

Im vorliegenden Fall bezieht sich die streitige Marke nicht auf eine bestimmte Form der Sohle von hochhackigen Schuhen, da es in der Markenbeschreibung ausdrücklich heißt, dass die Kontur des Schuhs nicht von der Marke umfasst ist, sondern nur dazu dient, die Position der von der Eintragung erfassten roten Farbe zu zeigen.

Ein solches Zeichen kann jedenfalls nicht „ausschließlich“ als aus der Form bestehend angesehen werden, wenn sein Hauptgegenstand eine Farbe ist, die nach einem international anerkannten Kennzeichnungscode festgelegt worden ist.

Der EuGH kam daher zu dem Ergebnis, dass ein Zeichen wie das in Rede stehende, das aus einer auf der Sohle eines hochhackigen Schuhs aufgebrachten Farbe besteht, nicht ausschließlich aus der „Form“ im Sinne dieser Bestimmung besteht.

Die oben abgebildete Marke verstößt damit nicht gegen die Richtlinie.