OGH-Entscheidung vom 23.1.2018, 4 Ob 5/18s

Sachverhalt:

Die beklagte Gesellschaft betreibt eine Online-Handelsplattform und tritt dabei regelmäßig in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern. Wenn ein Kunde im Onlineshop Artikel in den virtuellen Warenkorb legt, erscheinen dort noch einmal Informationen zu dem Produkt, insbesondere über den Preis und die Lieferzeit, sowie auch ein Lichtbild in der gewählten Farbe und Konfiguration des gewünschten Artikels. In einem weiteren Schritt gelangt der Kunde dann „zur Kasse“. Auch ist es möglich, vom „Warenkorb“ durch einen Mausklick wieder zurück zur Detailansicht und den Artikel-Details des jeweiligen Produkts zu gelangen.

Bei bestimmten Artikeln fehlten im „Warenkorb“ jedoch bestimmte Detailangaben des Artikel (u.a. Maße, Gewicht, Leistung sowie der Zusatz „Energieeffizienz“). Es ist EDV-technisch möglich, die jeweiligen Internetseiten der Website so zu programmieren, dass im „Warenkorb“ zu den erwähnten Artikeln die dort als fehlend angeführten weiteren Informationen als Text sinngemäß aufscheinen. Diese zusätzlichen Informationen führen nicht zum Verlust der Übersichtlichkeit im „Warenkorb“.

Die Arbeiterkammer als Klägerin begehrte mit ihrer auf § 28a KSchG gestützten Unterlassungsklage, der beklagten Partei im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen, die § 8 Abs 1 FAGG unterliegen, zu verbieten, Verbraucher zu einer Zahlung zu verpflichten, ohne diese unmittelbar vor Abgabe ihrer Vertragserklärung klar und in hervorgehobener Weise auf die in § 4 Abs 1 Z 1, 4, 5, 14 und 15 FAGG genannten Informationen hinzuweisen. Die Abrufmöglichkeit sämtlicher Artikeldetails unter dem Button „mehr Artikel-Details“ genüge ebenso wenig wie eine Abbildung des Produkts. Die beklagte Partei habe daher gegen ihre gesetzlichen Informationspflichten gemäß § 8 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 Z 1 FAGG verstoßen und damit die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht gaben der Klägerin recht. Der OGH hielt die Revision der Beklagten zwar für zulässig, jedoch nicht berechtigt. Aus der Begründung:

Die Regel des § 8 Abs 1 FAGG hat eine Warnfunktion vor übereilten Vertragserklärungen. Verbraucher müssen bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, in der Lage sein, die Hauptbestandteile des Vertrags vor Abgabe ihrer Bestellung vollständig zu lesen und zu verstehen. Der Verbraucher soll kurz bevor er eine Bindung eingeht klar erkennen können, welche Konsequenzen mit dem Betätigen des „Bestell-Buttons“ verbunden sind; ihm soll die Möglichkeit gegeben werden, unmittelbar vor der Bestellung einen letzten Blick auf den Inhalt seines „virtuellen Warenkorbs“ zu werfen. Der auf § 8 Abs 1 FAGG gestützte Unterlassungsanspruch hängt hier entscheidend davon ab, ob die beklagte Partei ihre Kunden auf wesentliche Eigenschaften hinweist, und zwar unmittelbar bevor diese ihre Vertragserklärung abgeben. Die Vorinstanzen haben diese beiden Tatbestandsmerkmale richtig ausgelegt und Verstöße der beklagten Partei gegen die ihr nach § 8 Abs 1 FAGG obliegende Informationspflicht bejaht.

Die hier in Rede stehenden Angaben, etwa über die Größe und das Material von Möbeln, sowie ganz allgemein die Produktbezeichnung (zB elektronischer Geräte) sind wesentliche Eigenschaften nach § 4 Abs 1 Z 1 FAGG, auf die nach § 8 Abs 1 FAGG hinzuweisen ist. Es ist jedoch keine umfassende Darstellung aller Eigenschaften der Ware oder der Dienstleistung erforderlich.

Die knappen und unvollständigen Angaben im „Warenkorb“ genügen den gesetzlichen Anforderungen nicht. Auch das Lichtbild im „Warenkorb“ alleinist nicht dazu geeignet, den Verbraucher über (alle) wesentlichen Eigenschaften zu informieren. Abbildungen können den Unternehmer durchaus unterstützen, seiner Hinweispflicht nachzukommen. Sie sind aber nicht geeignet, die erforderlichen Informationen, insbesondere zum Material und zur Größe eines Produkts zu ersetzen.

Mit einem Zugang zu allen Produktdetails via Link zur Produktseite kann der Informationspflicht nach § 8 Abs 1 FAGG aber nicht entsprochen werden, weil das Gesetz in dieser letzten Phase des Bestellvorgangs gerade eine umfassende Darstellung aller Eigenschaften der Ware verhindern will.

Die beklagte Partei hat daher als Betreiberin ihres Onlineshops gegen die ihr nach § 8 Abs 1 FAGG obliegenden Hinweispflichten verstoßen und auch die – gemäß § 28a KSchG maßgeblichen – „allgemeinen Interessen der Verbraucher“ beeinträchtigt.