OGH-Entscheidung vom 30.6.2017, 4 Ob 98/17s

Sachverhalt:

Die Streitteile sind jeweils Medieninhaber von periodischen Druckwerken (Gratis-Zeitungen). Die beklagte Partei veröffentlichte in ihren Zeitungen eine Reihe von Artikeln über Unternehmen, deren Produkte und Veranstaltungen. Der beklagten Partei wurde dafür kein Entgelt geleistet.

Im Juli 2015 fragte eine Vertreterin einer Werbeagentur bei der beklagten Partei per E-Mail „für einen unserer Kunden, einen österreichischen Franchisegeber, der mit einem neuen Konzept einen regionalen Schwerpunkt setzen möchte“ um ein Offert für mehrere Anzeigen in den Zeitungen der beklagten Partei an. Nach Erhalt des Angebots erkundigte sich die Agentur weiter: „Können Sie uns on top eine redaktionelle Berichterstattung (vielleicht einmal) zusagen?“ Die Mitarbeiterin der beklagten Partei antwortete am nächsten Tag: „Redaktionelle Berichterstattung kann ich Ihnen zusagen.

Die klagende Partei warf der beklagten Partei nach § 1 UWG wettbewerbswidrige Verstöße gegen § 26 MedienG vor, weil diese als redaktionelle Beiträge getarnte werbliche Einschaltungen nicht als solche kennzeichne. Die klagende Partei begehrte, es der beklagten Partei im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, entgeltliche Einschaltungen ohne Kennzeichnung etwa als „Werbung“, „Anzeige“, „entgeltlich“ zu veröffentlichen.

Entscheidung:

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht gab der klägerischen Berufung zum Teil statt: Ein vorbeugendes Unterlassungsgebot könne sich auf einen unmittelbar und ernstlich drohenden Gesetzesverstoß stützen. Ein solcher liege darin begründet, dass die Mitarbeiterin der beklagten Partei der Vertreterin der Werbeagentur im Kontext mit entgeltlichen Werbebuchungen eine redaktionelle Berichterstattung „on top“ (gemeint: zusätzlich) zusagte. Es bestehe kein Zweifel an der Verknüpfung dieses Zusatzangebots mit einer verbindlichen Anzeigenbuchung. Die zugesagte Berichterstattung könne als unmittelbar bevorstehend angesehen werden, weil es nur mehr der Anzeigenbuchung bedurft hätte und die Verfassung eines im Kundeninteresse liegenden Artikels aufgrund der vom Kunden zu liefernden Informationen keine aufwändige Recherche erfordert hätte.

Der OGH erachtete die Revisionen beider Parteien für unzulässig. Aus der Begründung:

Die der Berufungsentscheidung zugrundeliegende Rechtsansicht, die klagende Partei habe die Gefahr zukünftiger Rechtsverletzungen schlüssig behauptet, bedarf im Hinblick auf das entsprechende Vorbringen keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.

Nach der Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen § 26 MedienG auch dann vor, wenn eine Verknüpfung im Sinne eines entgeltlichen Gesamtauftrags zwischen einem nicht gekennzeichneten Beitrag und der Gegenleistung für ein Werbeinserat besteht, wenn also ein „innerer Zweckzusammenhang“ zwischen einem redaktionell gestalteten Beitrag und dem Kundeninserat vorliegt, während unentgeltliche Werbung in einem redaktionellen Beitrag sonst nicht unter § 26 MedienG fällt.

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung, wenn sie aufgrund der festgestellten Verknüpfung zwischen einem PR-Artikel und der Schaltung von Inseraten, die der Inserent vom Erscheinen des PR-Artikels abhängig gemacht hatte, vom Vorliegen eines entgeltlichen Gesamtauftrags ausgegangen ist. Auch in solchen Fällen ist ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung möglich.